…stellt das OLG Frankfurt in seinem Beschluss vom 11.02.2015 (4 WF 235/14) fest und hob damit die zuvor vom Amtsgericht und Landgericht erlassenen Entscheidungen auf.
Gegenstand des Verfahrens war die Vergütung eines vom Amtsgericht in Anspruch genommenen Übersetzers und die redaktionell verunglückte Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 JVEG. Hiernach beträgt das Honorar für eine Übersetzung 1,55 Euro für jeweils angefangene 55 Anschläge des schriftlichen Textes (Grundhonorar). Bei nicht elektronisch zur Verfügung gestellten editierbaren Texten erhöht sich das Honorar auf 1,75 Euro für jeweils angefangene 55 Anschläge (erhöhtes Honorar).
Bei seiner grammatikalischen Auslegung hat das OLG festgestellt, dass ein nicht elektronisch zur Verfügung gestellter editierbarer Text niemals nicht editierbar sein könne, weil sich die Negation ausschließlich auf das Attribut „nicht elektronisch zur Verfügung gestellt“ beziehe.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts folge – so das OLG -aus diesem Umstand allerdings nicht die Unzulässigkeit der vom Amtsgericht vorgenommenen Gesetzesauslegung. Aufgabe der Rechtsprechung sei die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten an Hand der vom Gesetzgeber getroffenen Wertentscheidungen, wobei die Grenzen zwischen richterlicher Rechtsauslegung und richterlicher Rechtsfortbildung fließend seien. Im Rahmen der vorzunehmenden Ermittlung des gesetzgeberischen Willens sei der Wortlaut des Gesetzes dabei nur eine unter mehreren Erkenntnisquellen für den Willen des Gesetzgebers, wenngleich auch eine sehr wichtige.
Folgerichtig hat das OLG mit der Entscheidung dann auch folgenden Leitsatz aufgestellt:
§ 11 Abs. 1 Satz 2 JVEG ist im Wege der Rechtsfortbildung zwecks Berichtigung eines offensichtlichen Redaktionsversehens des Gesetzgebers dahingehend auszulegen, dass das erhöhte Honorar für die Übersetzung nicht elektronisch zur Verfügung gestellter oder sonstiger nicht editierbarer Texte anfällt.