Das Landgericht Düsseldort hat mit Urteil vom 10. Mai 2006 in dem Verfahren 12 O 255/05 (Kart) die Klage von 18 Landesverbänden der Unternehmen des Deutschen Güterkraftverkehrsgewerbes und 14 Verbänden des Transport- und Logistikgewerbes einzelner Mitgliedstaaten der Europäischen Union gegen die Toll Collect GmbH abgewiesen.
Gegenstand des Rechtsstreites war im Wesentlichen die Frage, ob die Beklagte
durch die Änderung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum 28. Dezember
2004, den Ausspruch von Kündigungen aufgrund des Widerspruchs von Transportunternehmen gegen die Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie durch die „Drohung“ mit der Kündigung eine marktbeherrschende Stellung missbraucht hat und den klagenden Transportverbänden aus diesem Grunde entsprechende Unterlassungsansprüche zustehen.
Das Gericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die
im Rahmen des von der Beklagten bereitgestellten Mautsystems durchgeführte Gebührenerhebung sei keine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des Kartellrechts. Bei
der Bereitstellung des Mautsystems handle es sich um eine mit der Erhebung der
öffentlich-rechtlichen Mautgebühren unmittelbar in Zusammenhang stehende Tätigkeit;
die Bereitstellung des Mautsystems stelle eine unabdingbare Voraussetzung für
die originär hoheitliche Mautgebührenerhebung dar. Zwar sei auch der Staat grundsätzlich überall dort als Unternehmen zu behandeln, wo er sich, gleich in welcher
Form, durch das Angebot von wirtschaftlichen Leistungen oder durch die Nachfrage
nach solchen Leistungen wirtschaftlich betätigt. Hier liege indessen im Verhältnis zwischen der Beklagten und den Transportunternehmen keine auf das Angebot von
wirtschaftlichen Leistungen oder auf die Nachfrage nach solchen Leistungen gerichtete
Tätigkeit vor. Die von der Beklagten geschaffene Möglichkeit, die Maut mittels
des von ihr angebotenen Systems zu entrichten, beinhalte nicht eine wirtschaftliche
Leistung gegenüber den Transportunternehmen. Diese träten der Beklagten auch
nicht als „Nachfrager“ im Sinne des Kartellrechts gegenüber, sondern als aufgrund
Gesetzes zur Entrichtung der Mautgebühr verpflichtete Gebührenschuldner. Der
Umstand, dass die originär hoheitliche Mautgebührenerhebung über die privatrechtlich
organisierte Beklagte erfolgt, die wiederum in ein privatrechtlich ausgestaltetes
Rechtsverhältnis zu den Gebührenschuldnern – dies unter Zugrundelegung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen – trete, mache die Tätigkeit der Beklagten gegenüber den Transportunternehmen nicht zu einer unternehmerischen Tätigkeit im Sinne des Kartellrechts. Die Beklagte nehme vielmehr durch ihre Mitwirkung bei der Mautgebührenerhebung eine Aufgabe von allgemeinem öffentlichen Interesse wahr.
Im Übrigen sei die Klage selbst dann unbegründet, wenn zugunsten der Kläger die
Anwendbarkeit des Kartellrechts unterstellt werde. Die Androhung gegenüber den
Transportunternehmen, das bestehende Vertragsverhältnis zu kündigen, wenn die
geänderten Geschäftsbedingungen von den Transportunternehmen nicht akzeptiert
würden, stelle kein missbräuchliches Verhalten dar. Denn der Beklagten sei es trotz
ihrer Stellung als einziges mit der Mautgebührenerhebung betrautes Unternehmen
nicht verwehrt, gegenüber den Transportunternehmen Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden. Erfolge – wie im vorliegenden Fall – die Kündigungsdrohung bzw. Kündigung unter der Voraussetzung, dass die Transportunternehmen die geänderten Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht akzeptieren, so liege kein Behinderungsmissbrauch durch Zugangsverweigerung vor. Denn der Zugang werde den Transportunternehmen nicht generell verwehrt, sondern von der Einhaltung bestimmter Konditionen abhängig gemacht. Dies sei grundsätzlich zulässig.
Einzelheiten sind hier abrufbar.