Erst dachte ich an einen verfrühten Aprilscherz, als ich in Richter Ballmanns Blog von der Bussgeldprüfstelle las.
Aber es war offensichtlich ernst gemeint, das Angebot. Nicht nur, dass man sich das Angebot auf der Homepage ansehen konnte (angehängter Screenshot), nein, es existierte tatsächlich auch eine 0800-Servicenummer, die telefonisch erreichbar war…
Zwischenzeitlich ist das Angebot (vorläufig?) von der Homepage entfernt. Die Broschüre ist aber als noch abrufbar.
Was ist davon zu halten?
Nun, abgesehen davon, dass diverse anwaltsrechtliche und auch wettbewerbsrechtliche Hürden im Wege stehen dürften, scheint das Angebot wenig durchdacht:
Nach Übermittlung des Bußgeldbescheides soll zunächst Akteneinsicht genommen werden.
Was ist, wenn zwischenzeitlich die zweiwöchige Einspruchsfrist abläuft? Ist der Anwalt, der so „beauftragt“ wird überhaupt bevollmächtigt, einen fristwahrenden Einspruch einzulegen?
Die Akteneinsicht, Prüfung der Sach- und Rechtslage und „Abklärung“ der Verteidigungsstrategie soll bis auf die Auslagenpauschale, auf die wohl nicht einmal die gesetzlich anfallende Umsatzsteuer erhoben wird, entgeltfrei sein.
Ein suuper Schnäppchen für den Mandanten.
Zumindest Nr. 5100 VV RVG dürfte angefallen sein, wenn der Rechtsanwalt nicht nur Akteneinsicht beantragt, sondern auch noch eine Prüfung durchgeführt hat.
Grundsätzlich ist es nach § 49b RVG unzulässig, geringere Gebühren und Auslagen zu vereinbaren oder zu fordern, als das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vorsieht, soweit dieses nichts anderes bestimmt. Im Einzelfall darf der Rechtsanwalt besonderen Umständen in der Person des Auftraggebers, insbesondere dessen Bedürftigkeit, Rechnung tragen durch Ermäßigung oder Erlaß von Gebühren oder Auslagen nach Erledigung des Auftrags.
Und was ist von den weiteren Werbeaussagen zu halten?
Der Service der Bußgeldstelle ist neuartig und in seinem Nutzen einzigartig. Sie haben erstmals die Möglichkeit, einen Bußgeldbescheid bundesweit über eine zentrale Stelle überprüfen zu lassen.
Nun, genau das bieten viele auf Verkehrsstrafrecht und Ordnungswidrigkeiten spezialisierte Rechtsanwälte schon seit Jahren an.
Auf Wunsch werden Sie durch die Bußgeldprüfstelle über Ihren aktuellen Punktestand in Flensburg informiert und zu den Möglichkeiten einer Punktereduzierung beraten.
Auch dass ist durchaus nichts neues. Die Auskunft aus dem Verkehrszentralregister kann jeder selbst oder auch über den Rechtsanwalt seines Vertrauens anfordern. Verwaltungsgebühren erhebt das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg hierfür nicht.
Dadurch befinden Sie sich auf Augenhöhe mit den zentralen Bußgeldstellen und Ordnungsämtern.
Und was bringt das?
„Der Eindruck: Gegen einen Bußgeldbescheid kann ich sowieso nichts tun! täuscht. In 7 von 10 Fällen erreichen wir für unsere Mandanten positive Ergebnisse. Die Abwendung eines Fahrverbotes hat so schon oft vor dem Verlust des Arbeitsplatzes geschützt.“
(RA und FA f. VerkR A. S.)
Das wäre wirklich eine hohe Erfolgsquote. Fragt sich, was unter „positivem Ergebnis“ zu verstehen ist.
Und § 43b BRAO? Werbung ist dem Anwalt nach der wohl herrschenden Meinung erlaubt, sofern sie von ihrer Form und Art und Weise der Ausführung nicht marktschreierisch, sondern seriös gestaltet wird, inhaltlich zutrifft und dem Informationsbedürfnis des Rechtsuchenden Rechnung trägt.
Neue Ideen braucht das Land- aber doch nicht solche, liebe Kollegen…
Screenshot der Internetseite :