Das LSG Hessen in Darmstadt hat sich in seiner Entscheidung vom 24.April 2006 in dem Verfahren L 9 AS 39/06 ER unter anderem mit den Anordnungsvoraussetzungen des einstweiligen Rechtsschutzes bezüglich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, mit den Voraussetzungen des einstweiligen Rechtsschutzes für Leistungen für Unterkunft und Heizung befasst und folgende Leitsätze aufgestellt:
1. Von der Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz bleibt ein vor der Beantragung einer einstweiligen Anordnung liegender Sachverhalt ausgeschlossen, es sei denn, die Notlage wirkt bis in die Gegenwart fort.
2. Ein Anordnungsanspruch kann nicht (mehr) glaubhaft gemacht werden, sobald der Verwaltungsakt bindend geworden ist, durch den die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren begehrte Leistung abgelehnt wurde.
3. Ein Anordnungsanspruch auf Leistungen für eine neue Unterkunft in einer die angemessenen Kosten übersteigenden Höhe ist nicht glaubhaft gemacht, wenn der kommunale Träger den über die angemessenen Kosten hinausgehenden Aufwendungen nicht vor Abschluss des Mietvertrags zustimmte oder hätte zustimmen müssen, weil der Umzug erforderlich war oder die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.
4. Die angemessenen Heizungskosten errechnen sich unter Berücksichtigung des Verhältnisses der angemessenen Wohnfläche zur tatsächlichen unangemessenen Wohnfläche sowie nach Abzug der Kosten der Warmwasserbereitung in Höhe von 18% der ursprünglichen Heizungskosten (Fortführung der Rechtsprechung des Senats, Beschluss vom 21. März 2006 – L 9 AS 124/05 ER).
Die Entscheidung wird wie folgt begründet:
I.
Ziel des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sind höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II):
für den Zeitraum 1. März 2005 – 31. Juli 2005: 85,00 Euro,
für den Zeitraum 1. August 2005 – 31. August 2005: 92,00 Euro,
für den Zeitraum 1. September 2005 – 30. September 2005: 99,16 Euro.Der Antragsteller bezieht seit 1. Januar 2005 von der Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und bewohnte ursprünglich mit seiner Ehefrau eine Wohnung in der A-Straße in A. Er kündigte am 17. Januar 2005 gegenüber der Antragsgegnerin die Trennung von seiner Ehefrau sowie die Anmietung einer anderen Wohnung für sich allein an; am selben Tag fand eine persönliche Vorsprache des Antragstellers bei der Antragsgegnerin statt. Der Antragsteller schloss unter dem Datum des 15. März 2005 einen Mietvertrag über die neue Wohnung im gleichen Haus ab 1. März 2005 auf unbestimmte Dauer. Die Wohnungsgröße der neuen Wohnung beträgt 69,79 qm, die Wohnungsmiete beträgt 250,00 Euro monatlich zuzüglich 100,00 Euro für Nebenkosten-Vorauszahlungen ohne Heizung (Gasetagenheizung). Der Antragsteller bezog am 16. April 2005 nach eigenen Angaben einen Teil seiner neuen Wohnung.
Die Antragsgegnerin gewährte dem Antragsteller durch Bescheid vom 2. März 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit 1. März 2005 – 31. August 2005 in Höhe von 585,00 Euro, darin 240,00 Euro monatlich Kosten für Unterkunft und Heizung. – Der Antragsteller erhob am 7. März 2005 Widerspruch gegen die Höhe der gewährten Leistungen für Unterkunft und Heizung, weil die diesbezüglichen Kosten sich auf insgesamt 400,00 Euro (250,00 Euro Kaltmiete plus 100,00 Euro Nebenkosten plus 50,00 Euro Heizkosten) beliefen, wovon er freiwillig 75,00 Euro für 20 qm Wohnfläche übernehme.
Der Kläger hat am 31. Mai 2005 bei dem Sozialgericht Kassel die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz und die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung seiner tatsächlichen monatlichen Unterkunftskosten ab 1. März 2005: 250,00 Euro Kaltmiete plus 100,00 Euro Nebenkosten plus 50,00 Euro Heizungskosten (Gas) ab 1. März 2005 bzw. 57,00 Euro ab 1. August 2005 im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt.
Die Antragsgegnerin wies durch Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2005, zur Post gegeben nach Angaben der Antragsgegnerin am 1. Juli 2005, den Widerspruch des Antragstellers vom 7. März 2005 gegen den Bescheid vom 2. März 2005 als unbegründet zurück. Der Leistungsträger sei gemäß § 22 Abs. 2 SGB II mangels vorheriger Zustimmung zur Übernahme der Miete der neuen Unterkunft des Widerspruchsführers lediglich zur Berücksichtigung der angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 200,00 Euro verpflichtet; er wäre zu einer Zusicherung auch nur verpflichtet gewesen, wenn der Umzug erforderlich gewesen wäre und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen wären. Der Widerspruchsführer habe den Leistungsträger mit der Anmietung der Wohnung vor vollendete Tatsachen gestellt; Anhaltspunkte für eine besondere Eilbedürftigkeit des Umzugs lägen nicht vor. Die 69,79 qm große 3-Zimmer-Wohnung sei hilferechtlich unangemessen groß und unangemessen teuer. Für einen Alleinstehenden seien eine Wohnungsgröße von 50 qm (Durchführungsbestimmungen des Landes Hessen zum Wohnungsbindungsgesetz) und Unterkunftskosten im unteren Bereich der durchschnittlichen Mieten am Ort des Unterkunftsbedarfes angemessen. In A. seien für einen Ein-Personenhaushalt maximal 200,00 Euro (Kaltmiete einschließlich Nebenkosten ohne Heizkosten) angemessen (Tabelle zu § 8 Abs. 1 Wohngeldgesetz für bis zum 31. Dezember 1965 bezugsfertig gewordenen Wohnraum, zuletzt mit Wirkung vom 1. Januar 2001 angepasst). Die von dem Widerspruchsführer zu entrichtenden Unterkunftskosten überschritten den hilferechtlich angemessenen Höchstbetrag erheblich. In der Folge seien als anteilige Heizkosten ohne Warmwasserkosten auch lediglich 27,37 Euro berücksichtigungsfähig (50,00 Euro tatsächliche Heizungskostenvorauszahlungen x 72 % = 35,82 Euro – 8,45 Euro Warmwasserkosten 2,45 %).
Der Antragsteller erhob dagegen am 15. August 2005 Klage bei dem Sozialgericht Kassel (S 1 AS 327/05), über die nach Aktenlage noch nicht entschieden wurde.
Die Antragsgegnerin gewährte durch Bescheid vom 8. August 2005 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 16. September 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 577,84 Euro für die Zeit 1. September 2005 – 30. September 2005, darin Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 232,84 Euro; für die Zeit 1. September 2005 – 31. Dezember 2005 in Höhe von monatlich 577,84 Euro, darin Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 232,84 Euro. – Der Antragsteller legte dagegen am 12. August 2005 Widerspruch ein.
Die Antragsgegnerin gewährte durch Bescheid vom 29. September 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 945,67 Euro für die Zeit 1. Oktober 2005 – 31. Dezember 2005, darin 323,67 Euro Kosten für Unterkunft und Heizung, unter Berücksichtigung von Frau N. R. als hinzugetretenes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. – Der Antragsteller sowie Frau N. R. legten dagegen am 5. Oktober 2005 Widerspruch ein. – Weiter begehrten sie am 6. Oktober 2005 einstweiligen Rechtsschutz bei dem Sozialgericht Kassel für die Zeit ab 1. Oktober 2005 (S 1 AS 440/05 ER).
Der Antragsteller hat danach das seinem vorliegenden Beschwerdeverfahren vorausgegangene einstweilige Rechtsschutzverfahren (S 21 AS 145/05 ER) fortgeführt. Er begehrt die Gewährung seiner tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung mit der Begründung: Seine Wohnung sei – nach Abzug seiner freiwilligen Kostenbeteiligung von 75,00 Euro für 20 qm – mit 49 qm und einem in A. ortsüblichen Mietpreis angemessen. Er habe sich für die jetzt von ihm bewohnte Wohnung entschieden, weil andere vorher angeschaute Wohnungen keine Stellplätze für seine Fahrzeuge gehabt hätten. Der vom Sozialamt benutzte Mietspiegel von 1985 entspreche nicht mehr der Wirklichkeit und müsse den wirklichen Preisen auf dem Wohnungsmarkt angepasst werden. Der Antragsteller hat weiter seine Gleichbehandlung mit anderen Kunden des Hilfeträgers gefordert, deren Mietkosten voll bezahlt würden.
Die Antragsgegnerin hat sich zunächst auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2005 bezogen. Sie hat ergänzend ausgeführt, sie habe ausdrücklich keine Zustimmung zu den tatsächlichen Unterkunftskosten gegeben. Dem Antragsteller sei die Unangemessenheit seiner Unterkunftskosten ab 1. März 2005 vor Abschluss des Mietvertrages aufgrund von Hinweisen des Mitarbeiters K. aus Anlass der Leistungsbeantragung am 17. Januar 2005 sowie der Abgabe der Mietbescheinigung vom 8. Februar 2005 bekannt gewesen. Der Antragsteller habe darauf zum Ausdruck gebracht, dass ihn das nicht interessiere, weil er einen Teil der Miete selber bezahlen werde und die Wohnung somit angemessen sei. Dagegen habe Herr K. mit Nachdruck zu verstehen gegeben, dass diese Interpretation nicht akzeptiert werden könne (für Alles Bezugnahme auf die dienstliche Erklärung des Herrn K. vom 14. Juli 2005). Sodann hat die Antragsgegnerin Ausführungen zum Wohnungsmarkt sowie zur Verfügbarkeit angemessenen Wohnraums sowie der Obliegenheit des Antragstellers, eine angemessene Wohnung zu suchen und seine diesbezüglichen Bemühungen nachzuweisen, gemacht. Nach Bekanntwerden der Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts (HLSG) unter dem Aktenzeichen L 9 AS 48/05 ER hat die Antragsgegnerin wegen der daraus folgenden weitreichenden finanziellen Konsequenzen in Millionenhöhe um Fristverlängerung gebeten.
Das Sozialgericht Kassel hat durch Beschluss vom 31. Januar 2006 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 SGG abgelehnt; es hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf die folgenden Gründe gestützt: Leistungen für Zeiträume vor dem Antragseingang bei dem Sozialgericht am 31. Mai 2005 könne der Antragsteller im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht durchsetzen; da Leistungen für die Vergangenheit grundsätzlich nicht gerechtfertigt seien. Leistungen für Zeiträume bis 30. Juni 2005 seien nicht mehr zu beanspruchen, weil der diesbezügliche Bescheid vom 2. März 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2005 aufgrund des Ablaufs der Klagefrist am 4. August 2005 vor Klageerhebung am 15. August 2005 (S 1 AS 327/05) bereits bestandskräftig geworden sei. Leistungen für Zeiträume ab dem 1. Oktober 2005 seien Gegenstand eines anderen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (S 1 AS 440/05 ER). Schließlich bleibe das Rechtsschutzbegehren auch für den verbleibenden Zeitraum 1. Juli 2005 bis 30. September 2005 ohne Erfolg. Der Antragsteller könne nicht mehr als 200,00 Euro Unterkunftskosten verlangen. Leistungen für die Unterkunft seien gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen seien. Die angemessene Höhe der Unterkunftskosten sei als Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietpreis pro Quadratmeter zu ermitteln („Produkttheorie“). In dem Rechtsstreit eines allein stehenden Antragstellers habe das HLSG die hilferechtliche Angemessenheit von Unterkunftskosten in Höhe von 200,00 Euro entsprechend 4,44 Euro/qm einschließlich Nebenkosten ohne Heizungskosten für den Bereich A. und Umgebung entschieden (HLSG, Beschluss vom 13. Dezember 2005 – L 9 AS 48/05 ER), worauf Bezug genommen werde. Auch in Bezug auf die Heizkosten sei dann von der hilferechtlich höchstens angemessenen Wohnfläche von 45 qm auszugehen, zumal bei einer 3-Zimmer-Wohnung eine verringerte Beheizung eines Zimmers zumutbar sei. Die anteiligen Heizkosten einschließlich Warmwasseranteil für 45 qm betrügen 36,90 Euro (entsprechend 57,00 Euro für 69,79 qm), wovon noch 6,75 Euro Warmwasseranteil (45 qm x 0,15 Euro) abzuziehen seien. Danach seien die bewilligten Heizkosten von 32,84 Euro monatlich bei summarischer Prüfung im Eilverfahren nicht zu beanstanden. Der Antragsteller könne auch für eine Übergangsfrist von sechs Monaten die tatsächlichen Unterkunftsaufwendungen in unangemessener Höhe schon deshalb nach § 22 SGB II nicht beanspruchen, weil die Antragsgegnerin ihre vorherige Zustimmung gemäß § 22 Abs. 2 SGB II zu dem Mietvertrag nicht gegeben habe und weil dem Antragsteller vor der Unterzeichnung des Mietvertrags am 15. März 2005 bewusst gewesen sei, dass seine Wohnung hilferechtlich zu groß und zu teuer sei, wie sich sowohl aus dem Vermerk der Leistungssachbearbeiterin vom 14. Juli 2005 wie aus dem Verhalten des Antragstellers ergebe. Auch die Bestandsschutzregelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II greife bei Umzugsfällen während des Leistungsbezuges nach Sinn und Zweck nicht ein.
Die Antragsgegnerin hat dazu die Auffassung vertreten, sie habe den Antragsteller bereits bei seiner Vorsprache am 17. Januar 2005 auf die Unangemessenheit der Unterkunftskosten der von ihm später angemieteten Wohnung hingewiesen und ausdrücklich keine Zustimmung dazu erteilt. Die Unangemessenheit sei dem Antragsteller auch bewusst gewesen; er habe nicht darauf vertrauen können, dass die Gerichte die Angemessenheitskriterien des Grundsicherungsträgers verwerfen und seine Rechtsauffassung bestätigen würden. Vielmehr seien die behördlichen Angemessenheitskriterien später vom Sozialgericht bestätigt worden.
Gegen den ihm am 1. Februar 2006 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 31. Januar 2006 hat der Antragsteller am 6. Februar 2006 Beschwerde bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Mit der Beschwerde begehrt der Antragsteller weiter die Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen für den Zeitraum 1. März 2005 – 30. September 2005 als Übergangsfrist. Der Antragsteller berechnet sein Begehren wie folgt:
# 1. März 2005 – 31. Juli 2005: 400,00 Euro tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung abzüglich gewährte 240,00 Euro sowie 75,00 Euro Eigenanteil ergibt: 85,00 Euro monatlich zusätzlich.
# 1. August 2005 – 31. August 2005: 407,00 Euro (nach Erhöhung der Heizkostenvorauszahlung von 50,00 Euro auf 57,00 Euro) abzüglich gewährte 240,00 Euro sowie 75,00 Euro Eigenanteil ergibt: 92,00 Euro monatlich zusätzlich.
# 1. September 2005 – 30. September 2005: 407,00 Euro abzüglich gewährte 232,84 Euro (nach Herabsetzung der Leistung von 240,00 Euro) sowie 75,00 Euro Eigenanteil ergibt: 99,16 Euro monatlich zusätzlich.
# Insgesamt addieren sich die monatlichen Zusatzbeträge auf 276,16 Euro.
Zur Begründung der Anordnungsvoraussetzungen hat er vorgetragen: Ihm stehe die volle Wohnungsmiete für mindestens sechs Monate zu. Die Antragsgegnerin habe ihn nicht schriftlich aufgefordert, sich eine preiswertere Wohnung zu suchen. Im Zeitpunkt seiner Entscheidung zur Anmietung der seit 1. März 2005 von ihm bewohnten Wohnung sei das Recht des SGB II noch Neuland gewesen und Niemand habe gewusst, wie die Sozialgerichte diese Sachen zu einem späteren Zeitpunkt sehen würden.Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 31. Januar 2006 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, seine tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung vom 1. März 2005 – 30. September 2005 in Höhe von 350,00 Euro monatlich zuzüglich Heizkosten in Höhe von 50,00 Euro monatlich bis 31. Juli 2005 und in Höhe von 57,00 Euro monatlich ab 1. August 2005 abzüglich der bewilligten Leistungen und abzüglich eines von ihm zu tragenden Eigenanteils von 75,00 Euro zu gewähren.Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.Die Antragsgegnerin erachtet die Beschwerde als nicht begründet und vertritt weiterhin die Auffassung, die tatsächlichen monatlichen Unterkunftsaufwendungen des Antragstellers für seine mit 69 qm für eine Einzelperson unangemessen große Wohnung seien mit 350,00 Euro unangemessen hoch; denn die angemessenen Unterkunftskosten betrügen höchstens 200,00 Euro. Eine Zustimmung zu den unangemessenen Kosten habe sie ausdrücklich nicht gegeben; dem Antragssteller sei die Unangemessenheit mindestens seit seiner persönlichen Vorsprache am 17. Januar 2005 bekannt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Das Gericht kann nach § 155 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einverständnis mit den Beteiligten durch den bestellten Berichterstatter entscheiden; vorliegend haben beide Beteiligte ihr Einverständnis am 24. April 2006 erklärt.
Die Beschwerde des Antragstellers ist statthaft (§ 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG -) und insbesondere form- und fristgerecht (§ 173 SGG) eingelegt; das Sozialgericht hat der Beschwerde am 7. Februar 2006 nicht abgeholfen (§ 174 SGG).
Die Beschwerde ist nicht begründet. Der Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 31. Januar 2006 ist nicht aufzuheben oder abzuändern; das Sozialgericht hat die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung zutreffend verneint. Die begehrte Anordnung hat auch im Beschwerdeverfahren nicht zu ergehen.
Das Gericht kann auf Antrag nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1); es kann eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Satz 2). Neben dem Anordnungsgrund, das ist: der Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, setzt die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz nach herrschender Meinung (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, Rdnr. 26c zu § 86b) den Anordnungsanspruch, das ist: der materiell-rechtliche Anspruch auf die Leistung, voraus, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System gegenseitiger Wechselbeziehung: Ist etwa die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an einen Anordnungsgrund (wie vor, Rdnr. 29). Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, wenn die grundrechtlichen Belange des Antragstellers berührt sind, weil sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen müssen (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05).
Alle Voraussetzungen des einstweiligen Rechtsschutzes sind – unter Beachtung der Grundsätze der objektiven Beweislast – glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -); die richterliche Überzeugungsgewissheit in Bezug auf die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes erfordert insoweit eine lediglich überwiegende Wahrscheinlichkeit (Meyer-Ladewig, a. a. O., Rdnr. 16b). Sind Grundrechte tangiert, ist die Sach- und Rechtslage allerdings nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (BVerfG, a. a. O.).
In dem vorliegenden Verfahren ist das Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen zugunsten des Antragstellers unter keinem rechtlichen Aspekt glaubhaft gemacht. Eine Notlage von solchem Gewicht, dass eine Regelung des zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsverhältnisses zur Abwendung wesentlicher Nachteile durch einstweilige Anordnung i.S.v. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG nötig erscheint, ist nach derzeitigem Sach- und Rechtsstand nicht überwiegend wahrscheinlich.
Das einstweilige Rechtsschutzbegehren ist zunächst in Bezug auf den vor der Beantragung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung bei Gericht liegenden Zeitraum 1. März 2005 – 30. Mai 2005 ausgeschlossen (LSG Sachsen vom 21. November 2005 – L 3 B 152/05 AS; LSG Berlin-Brandenburg vom 30. September 2005 – L 23 B 1017/05 SO ER, LSG Hamburg vom 4. März 2005 – L 3 B 43/05 ER SO), weil Hilfe zum Lebensunterhalt im Wege einer einstweiligen Anordnung in der Regel nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu erfolgen hat und nicht rückwirkend zu bewilligen ist, wenn nicht ein Nachholbedarf plausibel und glaubhaft gemacht ist (vgl. hierzu OVG Brandenburg, Beschluss vom 17. September 2003 – 4 B 39/03 -; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz, 4. Auflage, Rdnr. 1245 m.w.N.). Hier betrifft dies den Zeitraum 1. März 2005 – 30. Mai 2005. Ein Fortwirken einer etwaigen, in jenem Zeitraum entstandenen Notlage bis in die Gegenwart, zu deren Beseitigung die Inanspruchnahme von einstweiligem Rechtsschutz in Betracht käme (Oberverwaltungsgericht Schleswig vom 13. Januar 1993 – 5 M 112/92; HLSG vom 20. Juni 2005 – L 7 AL 100/05 ER), hat der Antragsteller nicht dargetan und ist nicht ersichtlich; insbesondere droht ihm keine Wohnungslosigkeit wegen Mietschulden (§ 22 Abs. 5 SGB II).
Sodann sind die Anordnungsvoraussetzungen für den Zeitraum 31. Mai 2005 – 31. August 2005 nicht glaubhaft gemacht. In dem Hauptsacheverfahren des Antragstellers bei dem Sozialgericht Kassel (S 1 AS 327/05) ist eine Erfolgsaussicht bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht überwiegend wahrscheinlich, weil die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung durch Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2005 im Verhältnis zum Antragsteller gemäß § 77 SGG bindend wurde, nachdem dieser die Klagefrist gemäß § 87 SGG nicht einhielt. Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides bestimmt sich nach § 37 SGB X: Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post im Inland übermittelt wird, gilt nach der genannten Regelung mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zuganges nachzuweisen.
Vorliegend erfolgte die Aufgabe des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2005 zur Post am 1. Juli 2005 (Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 9. September 2005). Danach gilt der Zugang bei dem Antragsteller als am 4. Juli 2005 erfolgt, und als das Ende der Klagefrist errechnet sich der 4. August 2005 (ein Donnerstag). Die Klageschrift vom 13. August 2005 versandte der Antragsteller mittels Einschreiben, welches am 15. August 2005 bei dem Sozialgericht Kassel einging. Die Klage wurde demnach verspätet erhoben.
Gründe für eine Wiedereinsetzung des Antragstellers in den vorigen Stand zur Wahrung der Klagefrist sind nicht ersichtlich und nicht dargelegt. Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag gemäß § 67 Abs. 1 SGG oder auch ohne Antrag gemäß § 67 Abs. 2 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antragsteller hat geltend gemacht, er sei davon ausgegangen, dass von ihm erst die einstweilige Anordnung zu Ende gebracht werden müsse, bevor er eine Klage einreichen könne. Dass dies anders sei, habe er erst durch das Gerichtschreiben vom 11. August 2005 erfahren. Diesem Vorbringen des Antragstellers ist keine Verhinderung an der Einhaltung der gesetzlichen Verfahrensfrist ohne Verschulden zu entnehmen; denn die Unterlassung einer früheren Klageerhebung ist danach durch einen Rechtsirrtum verursacht. Ein solcher entschuldigt nur ausnahmsweise, wenn der Beteiligte den Irrtum auch bei sorgfältiger Prüfung nicht hätte vermeiden können (Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 8. Auflage, § 67 Rdnr. 8 – 8a m. w. N.), was hier zumal mit Rücksicht auf die dem Antragsteller mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2006 bekannt gegebene fehlerfreie Rechtsbehelfsbelehrung zu verneinen istRegelungsgegenstand des bindend gewordenen Bescheides vom 2. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2005 ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum 1. März 2005 – 31. August 2005 an den Antragsteller. Soweit der Verfügungssatz des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2005 „die Monate März 2005 bis Juni 2005“ (Ziffer 1) anspricht, ist dies missverständlich, weil weder der Bescheid vom 2. März 2005, noch der dagegen gerichtete Widerspruch des Antragstellers vom 7. März 2005 auf die Monate März 2005 bis Juni 2005 begrenzt ist. Lediglich in der Abhilfeentscheidung gemäß Ziffer 2 des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2005 ist die genannte zeitliche Begrenzung sachlich nachvollziehbar.
Weiter sind die Anordnungsvoraussetzungen auch für den Zeitraum 1. September 2005 – 30. September 2005 nicht glaubhaft gemacht, weil es insoweit an einem Anordnungsanspruch fehlt. Leistungen für Unterkunft und Heizung werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. – Die Aufwendungen des Antragstellers für Unterkunft und Heizung in September 2005 sind mit 407,00 Euro hilferechtlich nicht angemessen. Die angemessene Höhe der Unterkunftskosten ist als Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro Quadratmeter zu ermitteln (Produkttheorie). Die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche erfolgt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (seit HLSG vom 13. Dezember 2005 – L 9 AS 48/05 ER, Orientierungssatz 8) anhand der der Förderungskriterien im sozialen Wohnungsbau (§ 5 Wohnungsbindungsgesetz i.V.m. § 27 Abs. 1 bis 5 Wohnraumförderungsgesetz entsprechend); für eine Person ist danach eine Wohnungsgröße bis 45 m² angemessen (Nr. 4.2.1 der Richtlinien zur Sozialen Wohnraumförderung vom 20. Februar 2003, StAnz. S. 1346, geändert durch die Richtlinien vom 19. Januar 2004, StAnz. S. 628). Für die Beurteilung der Angemessenheit von Mietaufwendungen ist auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Leistungsempfängers marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen und auf dieser tatsächlichen Grundlage eine Mietpreisspanne zu ermitteln (HLSG, wie vor, Orientierungssatz 1). Der Senat hat nach diesen Grundsätzen und unter Auswertung geeigneter Informationen über den örtlichen Wohnungsmarkt in dem Rechtsstreit eines in A. wohnenden allein stehenden Grundsicherungsleistungsempfängers eine Wohnfläche von 45 qm sowie Mietaufwendungen (Kaltmiete einschließlich Nebenkosten) in Höhe von 200,00 Euro (4,44 Euro pro qm) für hilferechtlich angemessen erachtet. Im Einzelnen wird auf den Beschluss (HLSG, wie vor) verwiesen, der den Beteiligten bekannt ist. Die dort konkretisierten Angemessenheitskriterien haben weiterhin Gültigkeit und finden auch in dem vorliegenden Rechtsstreit Anwendung, weil sich die neue Wohnung des Antragstellers gleichfalls in A. befindet.
Der Antragsteller hat nicht dargelegt, dass es ihm unmöglich war, vor Auszug aus seiner vorherigen Wohnung eine hilferechtlich angemessene und ihm zumutbare Unterkunft im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegner zu finden. Eine ernsthafte und erfolglose Suche nach einer hilferechtlich angemessenen Wohnung vor oder nach der Anmietung seiner jetzigen Wohnung zum 1. März 2005 ist nicht nachvollziehbar, zumal der Antragsteller insbesondere zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben hat, dass er an einer kleineren Wohnung interessiert wäre. Die Vorlage von Wohnungsanzeigen im „Schnäppchenmarkt“ vom 17. September 2005 genügt nicht.
Schließlich ist auch ein Anordnungsanspruch auf Unterkunftskosten in tatsächlicher unangemessener Höhe für den Monat September 2005 nicht glaubhaft gemacht. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch für längstens sechs Monate. Weiter bestimmt § 22 Absatz 2 SGB II: Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige die Zusicherung des kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.
Zur Auslegung dieser Regelung ist auf gesetzessystematische wie gesetzeshistorische Aspekte abzustellen: Der vorstehenden Regelung im SGB II entspricht die spiegelbildliche sozialhilferechtliche Regelung in § 29 Abs. 1 Satz 2 – 4 SGB XII, welche ergänzt ist um die Regelung des § 29 Abs. 1 Satz 5 SGB XII: Sind die Aufwendungen für die neue Unterkunft unangemessen hoch, ist der Sozialhilfeträger nur zur Übernahme angemessener Aufwendungen verpflichtet, es sei denn, er hat den darüber hinausgehenden Aufwendungen vorher zugestimmt. – § 29 Abs. 1 Satz 5 SGB XII ist zur Auslegung von § 22 Absatz 2 SGB II heranzuziehen; denn das Zustimmungsverfahren ist nach Sinn und Zweck für beide Normbereiche vergleichbar, weil sachliche Gründe einer Ungleichbehandlung von Grundsicherungsempfängern einerseits und Sozialhilfeempfängern andererseits in Bezug auf die Rechtsfolge des Zustimmungsverfahrens nicht darstellbar sind. Die Wortlautunterschiede zwischen § 22 SGB II und § 29 SGB XII sind lediglich Ausdruck des Bemühens des SGB II-Gesetzgebers um – im Vergleich zum Sozialhilferecht – schlankere Formulierungen, beinhalten jedoch keine sachlichen Regelungsunterschiede (Berlit, in: LPK-SGB II, 1. Auflage 2005, § 22 Rdnr. 6). Dieser Ansatz wird noch verstärkt durch den historischen Aspekt der Anknüpfung in SGB XII wie in SGB II an das frühere, im Bundessozialhilfegesetz (BSHG) normierte Sozialhilferecht und dem Zustimmungsverfahren in § 3 Abs. 1 Satz 2 Regelsatzverordnung. Nach der dazu ergangenen und zur Auslegung des geltenden Rechts fruchtbar zu machenden Rechtsprechung begünstigt der Bestandsschutz in einer unangemessenen Unterkunft während einer Übergangsfrist Hilfeempfänger, die bei Leistungsbeginn in einer unangemessenen Unterkunft leben und nicht gezwungen werden sollen, diese Wohnung sofort aufzugeben (ständige Rechtsprechung; seit BVerwG vom 21. Januar 1993 – 5 C 3.91). Wer aus seiner bisherigen Wohnung auszieht, dem ist es zuzumuten, bei der Suche nach einer anderen Wohnung darauf zu achten, dass unangemessen hohe Unterkunftskosten gar nicht erst entstehen (BVerwG vom 9. April 1997 – 5 C 2/96). Für einen Hilfeempfänger, der während des Leistungsbezuges – ohne Zustimmung des Grundsicherungsträgers und ohne Notwendigkeit – in eine unangemessene Unterkunft umzieht, kommt Bestandsschutz deshalb regelmäßig nicht in Betracht (vgl. Lehr- und Praxiskommentar, BSHG, 4. Auflage, § 12 Rdnr. 25 m.w.N.).
Danach ist ein Bestandsschutz des Antragstellers bei dem vorliegenden Sachverhalt von vornherein nicht gegeben. Der Antragsteller hatte vor Abschluss des Mietvertrags am 15. März 2005 von dem Grundsicherungsträger keine Zustimmung zu den die angemessenen Unterkunftskosten übersteigenden Aufwendungen erhalten. Auch wäre der Grundsicherungsträger zur Erteilung seiner Zustimmung nicht verpflichtet gewesen; denn der Umzug des Antragstellers war nicht erforderlich. Der Antragsteller war nicht durch objektive Notwendigkeiten zum Umzug gezwungen, sondern wollte sich von seiner Ehefrau trennen. Diese Trennung erfolgte nach Lage der Akten ohne erkennbaren Stress und schrittweise nach dem Stand der Ausstattung der neuen Wohnung, die in demselben Haus in dem Stockwerk über der bisherigen ehelichen Wohnung gelegen ist. Eine hohe Unverträglichkeit der jetzt getrennt lebenden Eheleute ist nicht dargelegt und konnte bei der Anhörung des Antragstellers vor Gericht, zu der dieser von seiner Ehefrau begleitet wurde, nicht beobachtet werden.
Ein schützenswertes Vertrauen darin, dass ein Anspruch auf Leistungen für die neue unangemessene Unterkunft in der über die angemessenen Kosten hinausgehenden Höhe bestehen würde, konnte in der Person des Antragstellers auch aus anderen Gründen nicht entstehen. Der Antragsteller wusste im Zeitpunkt der Anmietung seiner Wohnung am 15. März 2005 zum Mietpreis von 350,00 Euro monatlich einschließlich Nebenkosten ohne Heizung, dass er die vollen Unterkunftskosten aus eigenen Mitteln (auch unter Berücksichtigung seines freiwilligen Eigenanteils von 75,00 Euro) nicht würde aufbringen können und dass die Antragsgegnerin ihm Kosten für Unterkunft und Heizung durch Bescheid vom 2. März 2005 lediglich 240,00 Euro monatlich gewährte. Diese Leistungsbewilligung war auch ungeachtet des Widerspruchs des Klägers vom 7. März 2005 gegen den Bescheid vom 2. März 2005 wirksam, weil Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, gemäß § 39 SGB II keine aufschiebende Wirkung haben. Der Antragsteller handelte sehenden Auges auf eigenes Risiko.Die Anordnungsvoraussetzungen sind zum Schluss auch in Bezug auf die Heizungskosten für September 2005 nicht gegeben. Die Höhe der laufenden Kosten für die Heizung ergibt sich entweder aus dem Mietvertrag oder aus den Vorauszahlungsfestsetzungen der Energieversorgungsunternehmen, für die eine Vermutung der Angemessenheit spricht, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte für ein unwirtschaftliches und damit unangemessenes Heizverhalten vorliegen. Hat der Hilfeempfänger indes nur einen Anspruch auf Bewilligung der angemessenen Unterkunftskosten, besteht ein Anspruch auf Heizungskosten nur anteilig im Verhältnis der angemessenen zu der tatsächlichen Wohnfläche (ständige Rechtsprechung des Senats, HLSG vom 21. März 2006 – L 9 AS 124/05 ER). Der Antragsteller betreibt seine Heizung mit Erdgas, welches er von der Energie W. GmbH in K. bezieht; diese setzte den Abschlagsbetrag ab 30. August 2005 auf 57,00 Euro monatlich fest (Schreiben vom 21. Juli 2005). Ausgehend von der angemessenen Wohnungsgröße für einen Alleinstehenden von 45 qm (siehe die Ausführungen oben) errechnet sich aus dem Verhältnis 45 qm zu 69,79 qm der gequotelte Abschlagsbetrag von 36,75 Euro.
Aus dem gequotelten Abschlagsbetrag in Höhe von 36,75 Euro sind die Kosten der Warmwasserbereitung herauszurechnen, weil diese keine Kosten der Heizung sind. Die Höhe des Warmwasserabzugs ist mit 18% Ansatz anzusetzen; der Ansatz entspricht § 9 Abs. 3 Satz 4 Heizkostenverordnung vom 13. Februar 1981 (BGBl. I 261) in der Fassung der Verordnung vom 19. Januar 1989 (BGBl. I 109). Dieser Wert wurde auf der Grundlage von Abrechnungsverfahren von Messdiensten ermittelt, die von Fachleuten aus dem Heizungs- und Installationsbereich bestätigt wurden (ständige Rechtsprechung des Senats, HLSG vom 21. März 2006 – L 9 AS 124/05 ER). Als Betrag des Warmwasserabzugs, den der Kläger aus seiner Regelleistung aufzubringen hat, errechnet sich 6,62 Euro.
Danach belaufen sich die angemessenen Heizungskosten auf 30,13 Euro. Dieser Betrag wird von dem durch Bescheid vom 8. August 2005 für Heizung gewährten Leistungsbetrag von 32,84 Euro (232,84 Euro für Unterkunft und Heizung abzüglich 200,00 Euro Unterkunftskosten) sogar um 2,71 Euro überschritten, sodass der Antragsteller keinen weiterreichenden Leistungsanspruch hat.
Die Entscheidung kann im Volltext hier abgerufen werden.
“Hartz IV” und die Sozialgerichte…
Am 18. Mai demonstrierten ALG-II-Empfänger in Bochum gegen die dortigen Pläne, sämtliche Bedarfsgemeinschaften unter dem Merkmal “angemessene Unterkunftskosten” zu überprüfen. Die hiergegen protestierenden Betroffenen reden von “…