Der Staatsgerichtshof des Landes Hessen hatte in dem Verfahren P.St. 2016 darüber zu entscheiden, ob die Vorschriften des § 68 Abs. 2 HBG und des § 86 Abs. 3 HSchG, die es hessischen Beamten gebieten, sich „neutral“ zu verhalten und aus denen u.a. das Verbot des Tragens von Kopftüchern im Dienst hergeleitet wird, rechtmäßig sind.
Der Staatsgerichtshof hat die betreffenden vorschriften für rechtmäßig erachtet, wobei jedoch fünf Mitglieder des Gerichtshofes abweichende Meinungen vertreten haben.
Das Gericht entschied:
§ 68 Abs. 2 HBG in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 des Gesetzeszur Sicherung der staatlichen Neutralität vom 18. Oktober 2004(GVBl. I S. 306 und – berichtigt – GVBl. 2005 I S. 95) sowie § 86Abs. 3 HSchG in der Fassung des Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zurSicherung der staatlichen Neutralität vom 18. Oktober 2004(GVBl. I S. 306 und – berichtigt – GVBl. 2005 I S. 95) sind mit der Verfassung des Landes Hessen vereinbar.
und hat diese Entscheidung wie folgt begründet:
1. Die Landesanwaltschaft ist befugt, ein Verfahren der abstrakten Normenkon-
trolle nach Art. 131 Abs. 1 HV in Verbindung mit §§ 39 f. des Gesetzes über
den Staatsgerichtshof, kurz: Staatsgerichtshofsgesetz – StGHG -, vor dem
Staatsgerichtshof des Landes Hessen – StGH – einzuleiten (ständige Recht-
sprechung des StGH, vgl. – grundlegend – StGH, StAnz. 1986, 1089 [1095 f.],
ferner etwa StAnz. 1994, S. 1331 [1334]). Zwar fehlt die Landesanwaltschaft in
der Reihe der in Art. 131 Abs. 2 HV ausdrücklich genannten Antragsberechtig-
ten. Sie gehört aber nach Art. 130 Abs. 4 HV in Verbindung mit § 19 Abs. 2 Nr.
7 StGHG zum Kreis der Antragsberechtigten. § 39 Abs. 2 StGHG gewährt ihr
für das Verfahren der abstrakten Normenkontrolle ein Anschließungs- und An-
tragsrecht. Überdies ist die Antragsberechtigung der Landesanwaltschaft im
Verfahren der abstrakten Normenkontrolle zwingende Folge der ihr durch Art.
130 Abs. 1 Satz 2 HV zugewiesenen Rolle als öffentliche Klägerin (vgl. Gün-
ther, Verfassungsgerichtsbarkeit in Hessen, 2004, § 19 Rdnrn. 28, 40 und 46).
2. Die Landesanwaltschaft hat einen Antragsgrund in zulässiger Weise darge-
legt.
§ 39 Abs. 1 StGHG verlangt, dass „Bedenken“ gegen die Gültigkeit der ange-
fochtenen Norm geäußert werden. Diesen Anforderungen genügen die Nor-
menkontrollanträge.
Zwar hat die Landesanwaltschaft zunächst ausgeführt, dass – isoliert betrach-
tet – gegen § 68 Abs. 2 Satz 1 HBG und § 86 Abs. 3 Satz 1 HSchG keine ver-
fassungsrechtlichen Einwände zu erheben seien (Antragsschrift vom
28.04.2005, S. 3). Satz 1 beider Vorschriften spreche eine Selbstverständlich-
keit aus. Bereits Art. 56 Abs. 3 Satz 2 HV verpflichte die Lehrkraft darauf, die
religiösen und weltanschaulichen Auffassungen sachlich darzulegen. In der
mündlichen Verhandlung hat die Landesanwaltschaft aber klargestellt, dass die
Normen insgesamt angefochten seien. Die Sätze 1 bekämen durch die Sätze 2
ihren Gehalt und könnten daher nicht isoliert betrachtet werden. Dass es einen
verfassungskonformen Anwendungsbereich der Normen gebe, schließe nicht
eine Verfassungswidrigkeit der Vorschriften im Übrigen aus.
Die Darlegung von Bedenken auch gegen die Gültigkeit der jeweiligen Sätze 1
des § 68 Abs. 2 HBG und des § 86 Abs. 3 HSchG durch die Landesanwalt-
schaft findet zudem darin eine Stütze, dass die jeweiligen Sätze 2 dieser Vor-
schriften – wie auch die Sätze 3 – mit den vorhergehenden Sätzen 1 einen en-
gen sachlichen Zusammenhang aufweisen. Die Sätze 2 bestimmen die Sätze 1
inhaltlich. Sie beginnen mit dem Wort „insbesondere“. Dies legt es nahe, den
Inhalt der Sätze 1 nicht ohne den Inhalt der Sätze 2 zu lesen.
Auch hinsichtlich § 68 Abs. 2 Sätze 2 und 3 HBG und § 86 Abs. 3 Sätze 2 bis 4
HSchG hat die Landesanwaltschaft einen Antragsgrund in zulässiger Weise
dargelegt.
Es kann dahingestellt bleiben, ob es – entgegen der Auffassung der Landesre-
gierung – zulässiges Ziel eines Normenkontrollantrags sein kann, die angefoch-
tenen Normen verfassungskonform auszulegen (die Frage wird in der Literatur
kontrovers diskutiert, vgl. Rozek, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge,
BVerfGG, Bd. 2, Losebl., 26. Lfg. 2007, § 76 Rdnr. 49 m.w.N.). Denn schon
dem konkreten Antrag der Landesanwaltschaft lässt sich wörtlich entnehmen,
dass sie die Nichtigerklärung der angefochtenen Normen als Ziel des Verfah-
rens verfolgt. Damit geht die Landesanwaltschaft mit dem von ihr erklärten Ziel
nicht nur über die verfassungskonforme Auslegung, sondern sogar über die
– gegenüber der Nichtigerklärung mildere – Unvereinbarerklärung hinaus. Der
gestellte Antrag wird durch die Begründung in zulässiger Weise getragen. An
die Darlegung der Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Normen sind
zudem keine allzu hohen Anforderungen zu stellen, weil es sich bei der abstrak-
ten Normenkontrolle um ein Verfahren handelt, welches der Wahrung objekti-
ven Rechts dient (vgl. Pestalozza, Verfassungsprozessrecht, 3. Auflage 1991,
§ 8 Rdnr. 4). Ob die angefochtenen Normen vorrangig ein – nach Auffassung
der Landesanwaltschaft verfassungswidriges – Kopftuchverbot zum Inhalt ha-
ben oder – in verfassungsgemäßer Weise – auch darüber hinausgehen, kann
Ergebnis der Norminterpretation durch den Staatsgerichtshof sein. Denkbar
sind aber auch andere Interpretationen. Diese sind von einem Antragsteller im
abstrakten Normenkontrollverfahren nicht vorweg erschöpfend aufzuzeigen.
Davon abgesehen hat die Landesanwaltschaft ihren Rechtsstandpunkt mit
Schriftsatz vom 28. März 2007 und in der mündlichen Verhandlung vom
15. August 2007 präzisiert und ausgeführt, es könne „neben dem – zwingen-
den – Anwendungsfall der Kopftuchträgerin durchaus noch andere Fälle geben“,
in denen die Normen zur Anwendung kommen könnten. Letztlich hält die Lan-
desanwaltschaft die angefochtenen Normen für verfassungswidrig, weil diese
– jedenfalls auch – ein Verbot statuierten, ein Kopftuch islamischer Provenienz
im Dienst zu tragen. Diese Auffassung wird nachvollziehbar dargelegt. Hinzu
kommt, dass bereits im Gesetzgebungsverfahren Zweifel an der Verfassungs-
mäßigkeit des Gesetzentwurfs, der später unverändert verabschiedet wurde,
geäußert wurden.
II.
Die Normenkontrollanträge sind unbegründet.
Die in zulässiger Weise zur Überprüfung des Staatsgerichtshofs gestellten Vor-
schriften der §§ 68 Abs. 2 HBG und 86 Abs. 3 HSchG verstoßen nicht gegen
Art. 9, Art. 48 Abs. 1, Art. 134, Art. 1 sowie Art. 11 Abs. 1 HV.
Art. 9 HV lautet:
„Glauben, Gewissen und Überzeugung sind frei.“
Art. 48 Abs. 1 HV lautet:
„Ungestörte und öffentliche Religionsübung und die Freiheit der Verei-
nigung zu Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften werden
gewährleistet.“
Art. 134 HV lautet:
„Jeder, ohne Unterschied der Herkunft, der Rasse, des religiösen Be-
kenntnisses und des Geschlechts, hat Zugang zu den öffentlichen Äm-
tern, wenn er die nötige Eignung und Befähigung besitzt.“
Art. 1 HV lautet:
„Alle Menschen sind vor dem Gesetze gleich, ohne Unterschied des
Geschlechts, der Rasse, der Herkunft, der religiösen und der politi-
schen Überzeugung.“
Art. 11 Abs. 1 HV lautet:
„Jedermann hat das Recht, seine Meinung frei und öffentlich zu äußern.
Dieses Recht darf auch durch ein Dienstverhältnis nicht beschränkt
werden, und niemand darf ein Nachteil widerfahren, wenn er es ausübt.
Nur wenn die vereinbarte Tätigkeit einer bestimmten politischen, religi-
ösen oder weltanschaulichen Richtung dienen soll, kann, falls ein Betei-
ligter davon abweicht, das Dienstverhältnis gelöst werden.“
1. Der Schutzbereich der genannten Grundrechte ist in personaler Hinsicht er-
öffnet.
Auch öffentliche Bedienstete (hier: Beamte und Lehrkräfte – Lehrkräfte auch im
Angestelltenverhältnis) können sich innerhalb ihres Dienstverhältnisses grund-
sätzlich auf Grundrechte berufen. Dies war zwar nach der Lehre vom besonde-
ren Gewaltverhältnis bei Beamten nicht der Fall; auch galt insofern der Geset-
zesvorbehalt nicht (vgl. StGH, ESVGH 11/II, 16; Mayer, Deutsches Verwal-
tungsrecht, Band I, 3. Auflage 1924, S. 101 f.). Die Vorstellung eines Raumes
grundrechtsfreier Herrschaft, die dieser Lehre zu Grunde lag, ist aber mit der
umfassenden Grundrechtsbindung aller Staatsgewalt nach Art. 26 HV bzw. Art.
1 Abs. 3 GG unvereinbar. Der Gesetzesvorbehalt gilt allgemein, also auch im
„besonderen Gewaltverhältnis“ (vgl. – gerade für das Schulverhältnis – bereits
StGH, StAnz. 1979, S. 1669 [1677]; vgl. auch BVerfGE 108, 282
was als Folge dieser Entwicklung seit BVerfGE 33, 1 [9 f.]
sehen werden kann, vgl. i.E. BVerfGE 108, 282 [294, 311 ff.], beachte aber
auch die abw. Meinung der Richter Jentsch, Di Fabio und Mellinghoff, S. 314
ff.). Die Grundrechte gelten somit grundsätzlich auch im Verhältnis des Staates
zu seinen Bediensteten, das heißt im sogenannten Sonderstatusverhältnis: „Er
[der Beamte] steht zwar ‚im Staat’ und ist deshalb mit besonderen Pflichten be-
lastet…, er ist aber zugleich Bürger, der seine Grundrechte gegen den Staat
geltend machen kann“ (BVerfGE 39, 334 [366]; herrschende Meinung, vgl. Lo-
schelder, Grundrechte im Sonderstatus, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch
des Staatsrechts, Band V, 2. Aufl. 2000, § 123 Rdnr. 7; Graf Vitzthum, Der funk-
tionale Anwendungsbereich der Grundrechte, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hand-
buch der Grundrechte, Band II, 2006, § 48 Rdnrn. 19 u. 35; Starck, in: v. Man-
goldt/Klein/Starck, GG, Bd. 1, 5. Aufl. 2005, Art. 1 Rdnr. 298; Jarass, in: Ja-
rass/Pieroth, GG, 9. Aufl. 2007, Vorb. vor Art. 1 Rdnr. 39).
Dies bedeutet andererseits nicht, dass die Grundrechte im öffentlich-rechtlichen
Dienstverhältnis ihre Wirkung in gleicher Weise entfalten wie außerhalb dieses
speziellen Sonderstatusverhältnisses. Der Grundrechtsausübung des Beamten
im Dienst können Grenzen gesetzt werden, die sich aus allgemeinen Anforde-
rungen an den öffentlichen Dienst oder aus besonderen Erfordernissen des je-
weiligen öffentlichen Amtes ergeben. Für das Maß der Einschränkungen im
Sonderstatusverhältnis gilt das Verhältnismäßigkeitsprinzip (Starck, a.a.O.,
Rdnr. 299).
2. § 86 Abs. 3 Sätze 1 und 2 HSchG verstößt nicht gegen Art. 9 in Verbindung
mit Art. 48 Abs. 1 HV.
a) § 86 Abs. 3 Sätze 1 und 2 HSchG greift in den Schutzbereich der Grundrech-
te aus Art. 9 in Verbindung mit Art. 48 Abs. 1 HV ein.
Art. 9 HV stimmt inhaltlich mit Art. 4 Abs. 1 GG überein (StGH, StAnz. 1965,
S. 1394 [1397] = ESVGH 16, 1 [3], und StAnz. 1968, S. 1225 [1229] = ESVGH
19, 7 [10]; Löhr, Die Rechte des Menschen in der Verfassung des Landes Hes-
sen im Lichte des Grundgesetzes, 2007, S. 228 f.). Art. 9 HV gilt deshalb ge-
mäß Art. 142 GG fort. Im Gegensatz zu Art. 48 HV, der – wie Art. 4 Abs. 2 GG –
die äußere Religionsfreiheit regelt, behandelt Art. 9 HV primär die innere Glau-
bens-, Überzeugungs- und Gewissensfreiheit. Allerdings ist Art. 9 HV nicht dar-
auf beschränkt, sondern umfasst auch die Betätigung dieser (inneren) Freiheit.
Damit ist ausdrücklich das Recht anerkannt, sich zu einem religiösen Glauben
oder einer Weltanschauung zu bekennen oder nicht zu bekennen, die Überzeu-
gung anderen mitzuteilen und sich ihr entsprechend im gesellschaftlichen Le-
ben zu betätigen (vgl. StGH, StAnz. 1965, S. 1394 [1398]; zu alledem auch
Stein, in: Zinn/Stein, Verfassung des Landes Hessen, Bd. 1, Losebl., 16. Lfg.
1999, Art. 9 Anm. 1 bis 3).
Art. 48 HV entspricht Art. 4 Abs. 2 GG und regelt die äußere Kultusfreiheit bzw.
Bekenntnisfreiheit. Er schützt die äußere Betätigung der Religion oder einer
Weltanschauung durch Einzelne oder eine Gemeinschaft und die öffentliche
Religionsausübung (vgl. Stein/Engelhardt, in: Zinn/Stein, a.a.O., Art. 48 Anm. 1
u. 2).
Art. 9 HV und Art. 48 HV bilden wie Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ein umfassend zu
verstehendes einheitliches Grundrecht (vgl. z.B. BVerfGE 83, 341 [354]). Zu der
somit umfassend gewährleisteten Religions- bzw. Glaubens-, Weltanschau-
ungs- und Gewissensfreiheit gehört auch das Recht des Einzelnen, sein ge-
samtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und seiner in-
neren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln. Dies betrifft nicht nur impera-
tive Glaubenssätze, sondern auch solche religiösen Überzeugungen, die ein
Verhalten als das zur Bewältigung einer Lebenslage Richtige bestimmen
(BVerfGE 108, 282 [297] m.w.N.).
Die Regelungen des § 86 Abs. 3 Sätze 1 und 2 HSchG greifen in die Überzeu-
gungs- und Gewissensfreiheit des Art. 9 HV und in die öffentliche Religionsaus-
übung – Bekenntnisfreiheit – des Art. 9 HV in Verbindung mit Art. 48 Abs. 1 HV
ein (vgl. auch BVerfGE 108, 282 [297]). Denn die Religion vermag Verhaltens-
pflichten aufzuerlegen, zu deren Befolgung sich der Gläubige aufgrund seiner
Überzeugung und seines Gewissens verpflichtet fühlt. Diese Verhaltenspflich-
ten können auch für das öffentliche Auftreten des Gläubigen gelten und, wie
etwa bestimmte Kleidungsvorschriften, äußerlich erkennbar sein.
Ob auch das Tragen eines Kopftuches islamischer Provenienz in den Schutzbe-
reich des Grundrechts der Glaubensfreiheit fällt und vom Verbot des § 86
Abs. 3 Sätze 1 und 2 HSchG umfasst ist, bedarf hier indes keiner Entschei-
dung. Der Staatsgerichtshof entscheidet im Rahmen einer abstrakten Normen-
kontrolle nicht über die Frage, welche Kleidungsstücke, Symbole und andere
Merkmale nach § 86 Abs. 3 HSchG (oder § 68 Abs. 2 HBG) nicht verwendet
oder getragen werden dürfen. Insbesondere prüft er nicht, welche Kleidungs-
stücke als „islamisches Kopftuch“ zu qualifizieren sind und ob und unter wel-
chen Voraussetzungen ein „islamisches Kopftuch“ objektiv geeignet ist, das
Vertrauen in die Neutralität der Amtsführung zu beeinträchtigen oder den Schul-
und Dienstfrieden zu stören. Denn die konkrete Auslegung des einfachen
Rechts ist zuvörderst Aufgabe der Behörden und Fachgerichte (ebenso Bay-
VerfGH, BayVBl. 2007, S. 235 [236]).
Dies gilt auch dann, wenn der Gesetzgeber wie hier das Kopftuch zum Anlass
seiner Neuregelung genommen hat. Für die verfassungsgerichtliche Prüfung ist
es unerheblich, dass der Gesetzgeber gerade das islamische Kopftuch zum
Anlass genommen hat, überhaupt die angefochtenen Vorschriften zu erlassen.
Auch wenn es sich bei dem „Gesetz zur Sicherung der staatlichen Neutralität“
um ein sogenanntes „Maßnahmegesetz“ handeln sollte, wäre dies verfassungs-
rechtlich ohne Bedeutung. „Maßnahmegesetze“ sind Gesetze, die auf einen
konkreten Sachverhalt abgestellt sind. Sie sind als solche weder unzulässig
noch unterliegen sie einer strengeren verfassungsrechtlichen Prüfung als ande-
re Gesetze (BVerfGE 25, 371 [396]). Bei den angegriffenen Normen handelt es
sich nicht etwa um Einzelfallgesetze. Enthalten die Gesetze – wie hier – genera-
lisierende Rechtssätze, gehen sie über ein – grundsätzlich nach Art. 19 Abs. 1
Satz 1 GG, Art. 1 HV verfassungsrechtlich unzulässiges – Einzelfallgesetz hin-
aus.
b) Der Eingriff in die Grundrechte aus Art. 9 in Verbindung mit Art. 48 Abs. 1 HV
ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
Die „Religionsfreiheit“ des Art. 9 HV in Verbindung mit Art. 48 Abs. 1 HV wird
ohne besondere Schranken gewährleistet. Es gelten somit nur die sogenannten
verfassungsimmanenten Schranken: „Nur kollidierende Grundrechte Dritter und
andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtswerte sind mit Rücksicht auf
die Einheit der Verfassung und die von ihr geschützte gesamte Wertordnung
ausnahmsweise imstande, auch uneinschränkbare Grundrechte in einzelnen
Beziehungen zu begrenzen“ (BVerfGE 28, 243 [261]; vgl. auch BVerfGE 108,
282 [297] m.w.N.: „die Grundrechte Dritter sowie Gemeinschaftswerte von Ver-
fassungsrang“). Die Einschränkung der vorbehaltlos gewährleisteten Glaubens-
freiheit bedarf überdies einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage
(BVerfGE 108, 282 [297]; a.A. Sondervotum zu dieser Entscheidung, BVerfGE
108, 282 [322 ff.]).
aa) § 86 Abs. 3 Sätze 1 und 2 HSchG ist hinreichend bestimmt. Der Gesetzge-
ber hat die Vorschriften so formuliert, dass sie den rechtsstaatlichen Anforde-
rungen entsprechen. Sie sind hinreichend klar und justiziabel.
Die Verwendung interpretationsbedürftiger unbestimmter Rechtsbegriffe be-
gegnet insoweit keinen Bedenken. Denkbare Alternative wäre gewesen, in der
gesetzlichen Bestimmung bestimmte Kleidungsstücke, Symbole oder Merkma-
le, die verboten werden sollen, beispielhaft oder abschließend aufzulisten. Dies
ist jedoch verfassungsrechtlich nicht zwingend geboten (ebenso BayVerfGH,
BayVBl. 2007, S. 235 [237]). Dem Gesetzgeber steht es im Rahmen seiner vom
Staatsgerichtshof zu akzeptierenden Einschätzungsprärogative grundsätzlich
frei, bei der Normgestaltung auch unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden
und somit den Behörden und Gerichten Interpretationsspielräume zu eröffnen.
Die rechtsstaatlichen Grenzen hat der Gesetzgeber vorliegend beachtet.
bb) Wie bereits ausgeführt (B II. 1.), ist die Lehrkraft, die politisch, religiös oder
weltanschaulich geprägte Merkmale trägt, gegenüber ihrem Dienstherrn grund-
rechtsberechtigt. Ihre Grundrechtsausübung unterliegt aber Grenzen. Diese
Grenzen bilden widerstreitende Grundrechte Dritter und sonstige Gemein-
schaftsgüter von Verfassungsrang. Sie vermögen in der gebotenen Verhältnis-
mäßigkeitsabwägung den durch § 86 Abs. 3 HSchG erfolgenden Eingriff in die
Grundrechte der Lehrkraft zu rechtfertigen.
Zu den kollidierenden Grundrechten Dritter und Gemeinschaftswerten von Ver-
fassungsrang gehören: die negative Glaubensfreiheit der Schüler und Eltern
aus Art. 9 HV – nachfolgend (1); der Grundsatz der politischen, religiösen und
weltanschaulichen Neutralität des Staates (vgl. Art. 50 Abs. 2 HV), der von den
Beamten und sonstigen öffentlichen Bediensteten zu beachten ist; das Tole-
ranzgebot und Beeinflussungsverbot (2); das Erziehungsrecht der Eltern aus
Art. 55, Art. 56 Abs. 6 u. Abs. 7 Satz 2 HV, insbesondere ihr Recht, die Kinder
religiös zu erziehen (3); der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag, der
sich an den oben genannten Grundsätzen orientieren muss, Art. 56 Abs. 3 Satz
2 HV, Art. 56 Abs. 7 Satz 2 HV (4), und ein geordneter Schulbetrieb, zu dem
auch die Sicherstellung des Schulfriedens gehört, vgl. Art. 56 Abs. 1 HV (5).
(1) Die negative Glaubensfreiheit der Schüler und der Eltern (vgl. dazu OVG
Bremen, NVwZ-RR 2006, S. 402 [404]; Hufen, Der Regelungsspielraum des
Landesgesetzgebers im „Kopftuchstreit“, NVwZ 2004, S. 575 [576]) folgt aus
Art. 9 HV.
Art. 9 HV schützt wie Art. 4 Abs. 1 GG nicht nur die positive, sondern auch die
negative Glaubensfreiheit (zu Art. 4 Abs. 1 GG z.B. BVerfGE 41, 29 [49]). Dies
bedeutet, auch die Freiheit, eine Religion oder eine Weltanschauung abzuleh-
nen, wird grundrechtlich geschützt. Dies umfasst auch die Ablehnung religiöser
Symbole (BVerfGE 93, 1 [15 f.]). Die negative Glaubensfreiheit wird beeinträch-
tigt durch „eine vom Staat geschaffene Lage, in der der Einzelne ohne Aus-
weichmöglichkeiten dem Einfluss eines bestimmten Glaubens, den Handlun-
gen, in denen sich dieser manifestiert, und den Symbolen, in denen er sich dar-
stellt, ausgesetzt wird“ (BVerfGE 93, 1 [16]; dazu v.a. auch BVerfGE 108, 282
[306], und OVG Bremen, NVwZ-RR 2006, S. 402 [403]).
Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Verwendung von Merkmalen im
Sinne der angefochtenen Vorschriften sei – im Unterschied etwa zum staatlich
angeordneten Kruzifix im Klassenzimmer – Ausdruck einer individuellen Glau-
benshandlung, die dem Staat nicht zugerechnet werden könne (so aber Sack-
sofsky, Die Kopftuch-Entscheidung – von der religiösen zur föderalen Vielfalt,
NJW 2003, S. 3297 [3299]; Gasser, Kopftuch und Kruzifix in der Schule – Zwei
Seiten einer Medaille, in: Festschrift für F. von Zezschwitz, 2005, S. 68 [76 f.];
vgl. auch BVerfGE 108. 282 [305 f.]; a.A. Hufen, a.a.O., S. 575 f., Kästner, An-
merkung, JZ 2003, S. 1178 [1179]; Müller-Volbehr, Die Religionsfreiheit in der
neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: Festschrift für W.
Frotscher, 2007, S. 285 [297]).
Allerdings wäre es fernliegend anzunehmen, der Staat bekenne sich zu den
politischen oder religiösen Aussagen, die mit dem jeweiligen Merkmal verbun-
den werden, wenn er die Verwendung dieser Merkmale zuließe. Indes würde
ihm dann aber jedenfalls die Duldung eines religiösen bzw. politischen Sym-
bols, dem unter Umständen starke Ausdruckskraft zukommt, zuzurechnen sein.
Diese Duldung beeinträchtigt die negative Glaubensfreiheit zumindest mittelbar.
Vor allem aber treten die Lehrkräfte im Unterricht nicht als Privatpersonen auf.
Soweit sie in Ausübung ihres Amtes bzw. Berufes – bürgergerichtet – tätig wer-
den, handelt der Staat durch sie (BayVerfGH, BayVBl. 2007, S. 235 [237];
ebenso Hufen, a.a.O., S. 238 m.w.N. in Fn. 14).
(2) In die Abwägung mit dem Grundrecht auf Glaubensfreiheit sind mit einzu-
stellen der Grundsatz der politischen, religiösen und weltanschaulichen Neutra-
lität des Staates (vgl. Art. 50 Abs. 2 HV), der von den Beamten und sonstigen
öffentlichen Bediensteten zu beachten ist; ferner das Toleranzgebot und Beein-
flussungsverbot (dazu insbes. BVerwGE 121, 140 [146]; BayVerfGH, BayVBl.
2007, S. 235 [237]; OVG Bremen, NVwZ-RR 2006, S. 402 [404]).
Die Neutralitätspflicht des Staates ist als solche allgemein anerkannt. Sie folgt
in erster Linie aus den Grundrechten. Das Gebot politischer Neutralität folgt zu-
dem aus dem Demokratieprinzip, denn die Minderheit soll ohne staatliche Be-
einflussung die Chance erhalten, zur Mehrheit zu werden (vgl. BVerfGE 44, 125
[145 f.]). Insbesondere in Fragen des religiösen oder weltanschaulichen Be-
kenntnisses hat sich der Staat neutral zu verhalten (BVerfGE 93, 1 [16 f.]; 105,
279 [294]; 108, 282 [299 f.]). Art. 50 Abs. 2 HV gebietet Kirchen, Religions- und
Weltanschauungsgemeinschaften auf der einen und dem Staat auf der anderen
Seite, sich nicht gegenseitig in die Belange des jeweils anderen einzumischen.
Dies bedeutet keine laizistische Trennung von Kirche und Staat. Bestrebungen,
das Prinzip des Laizismus in die Hessische Verfassung hineinzuschreiben, sind
während der konstitutionellen Beratungen abgelehnt worden (vgl.
Stein/Engelhardt, in: Zinn/Stein, a.a.O., Art. 50 Anm. 1). Zudem belegen zahl-
reiche Verfassungsbestimmungen einen Bezug von staatlichen und religiös-
weltanschaulichen Belangen: Art. 51, 52 und 57 HV (vgl. auch die Sonn- und
Feiertagsschutzvorschriften des einfachen Landesrechts). Die Hessische Ver-
fassung macht ein Zusammenwirken von Staat und Religion(en) notwendig,
welches von wechselseitiger Toleranz getragen sein muss.
Duldete der Staat in den Schulen das Tragen oder Verwenden von Kleidungs-
stücken, Symbolen oder anderen Merkmalen, die objektiv geeignet sind, das
Vertrauen in die Neutralität der Amtsführung der Lehrkräfte zu beeinträchtigen
oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Frieden zu gefährden,
wäre eine Verletzung der staatlichen Neutralitätspflicht und des Beeinflus-
sungsverbots zu besorgen. Eine solche Duldung wäre nicht „neutral“. Denn in-
dem der Staat duldete, dass seine Lehrkräfte ihre Glaubens-, weltanschauli-
chen oder politischen Überzeugungen ohne Einschränkungen offen zur Schau
stellen dürften, würden die Schüler religiös, weltanschaulich oder politisch be-
einflusst (vgl. BVerwGE 116, 359 [362]). Da die Lehrkräfte naturgemäß eine
starke erzieherische Wirkung auf die Schüler ausüben, würden diese sogar
stärker beeinflusst als etwa durch ein Kruzifix an der Wand, das „irgend je-
mand“ – für die Schüler nicht personifizierbar – dorthin gehängt hat.
§ 86 Abs. 3 HSchG enthält kein generelles Verbot, im Dienst Kleidungsstücke,
Symbole oder andere Merkmale zu tragen oder zu verwenden, denen eine poli-
tische, religiöse oder weltanschauliche Bedeutung zukommt. Dies ist vielmehr
nur dann der Fall, wenn durch das Tragen oder die Verwendung des Klei-
dungsstückes, Symbols oder anderen Merkmals bei einer objektiven Betrach-
tungsweise das Vertrauen in die Neutralität der Amtsführung des betreffenden
Bediensteten beeinträchtigt sein oder der Schulfrieden gefährdet werden kann.
Dass nicht ein generelles Verbot gilt, betrifft insbesondere Kleidungsstücke,
Symbole oder andere Merkmale, denen eine religiöse Bedeutung zukommt.
Denn der Hessischen Verfassung liegt, wie bereits ausgeführt, nicht das laizisti-
sche Modell einer strikten Trennung von Staat und Kirche zu Grunde. Den öf-
fentlichen Bediensteten ist deshalb nicht von vornherein verwehrt, sich auch im
Dienst religiös zu betätigen. Allerdings müssen sie hierbei die Grenzen beach-
ten, die ihnen der Gesetzgeber in Ausführung der verfassungsimmanenten
Schranken setzt, denen das Grundrecht der Religionsfreiheit unterliegt.
(3) Das Grundrecht der Lehrkräfte, ihre religiösen oder weltanschaulichen
Überzeugungen nach außen sichtbar zu zeigen, ist ferner abzuwägen mit dem
Erziehungsrecht der Eltern (Art. 55 u. 56 Abs. 6 u. Abs. 7 Satz 2 HV), insbe-
sondere dem Recht der Eltern, ihre Kinder religiös oder nicht religiös zu erzie-
hen (vgl. BVerfGE 41, 29 [48 f.]; 108, 282 [303]; Hufen, a.a.O., S. 577: Recht
der Eltern, die Kinder vor einseitiger Indoktrination zu bewahren).
Die Erziehung der Jugend ist Recht und Pflicht der Eltern (vgl. Art. 55 HV). Dies
hat der Staat bei der Regelung des Schulwesens zu berücksichtigen. Insbeson-
dere muss das Gesetz Vorkehrungen dagegen treffen, dass in der Schule die
religiösen und weltanschaulichen Grundsätze verletzt werden, nach denen die
Erziehungsberechtigten ihre Kinder erzogen haben wollen (Art. 56 Abs. 7 HV).
(4) In der Abwägung mit zu berücksichtigen ist auch der staatliche Bildungs-
und Erziehungsauftrag, der sich an den oben genannten Grundsätzen orientie-
ren muss, Art. 56 Abs. 3 Satz 2 HV, Art. 56 Abs. 7 Satz 2 HV (vgl. BVerfGE
108, 282 [303]; BayVerfGH, BayVBl. 2007, S. 235 [238]; OVG Bremen, NVwZ-
RR 2006, S. 402 [404]; Hufen, a.a.O., S. 577).
Bei der Ausgestaltung der öffentlichen Schulen ist der Gesetzgeber an die Vor-
gaben der Verfassung gebunden (Art. 55 ff. HV). Art. 56 Abs. 2 HV schreibt die
Gemeinschaftsschule vor. Dies bedeutet, dass Kinder aller religiösen Bekennt-
nisse und Weltanschauungen gemeinsam unterrichtet (erzogen) werden. Die
Lehrkraft hat in jedem Fach auf die religiösen und weltanschaulichen Empfin-
dungen aller Schüler Rücksicht zu nehmen und die religiösen und weltanschau-
lichen Auffassungen sachlich darzulegen (Art. 56 Abs. 3 Satz 2 HV). Alle Be-
stimmungen der Hessischen Verfassung zum staatlichen Bildungs- und Erzie-
hungsauftrag machen deutlich, dass der Staat zur politischen und religiösen
Toleranz, zur Rücksichtnahme auf alle Religionsbekenntnisse und Weltan-
schauungen der Schülerinnen und Schüler verpflichtet ist. Das Verhalten einer
Lehrkraft, welches durch äußere Merkmale eine bestimmte politische oder reli-
giöse Anschauung offen, eventuell gar werbend, besonders herausstellt, wider-
spricht dem staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag.
(5) In die Abwägung der widerstreitenden Grundrechte und Verfassungsgüter
ist schließlich das Erfordernis eines geordneten Schulbetriebes einzustellen, zu
dem auch die Sicherstellung des Schulfriedens (vgl. Art. 56 Abs. 1 HV ) gehört
(vgl. BVerfGE 108, 282 [303]; ausführlich OVG Bremen, NVwZ-RR 2006,
S. 402 [403 f.]; über einen konkreten Fall der Störung des Schulfriedens berich-
tet Bader, Gleichbehandlung von Kopftuch und Nonnenhabit, NVwZ 2006,
S. 1333).
cc) Die als Schranken in Betracht kommenden Grundrechte Dritter und sonsti-
gen Verfassungsgüter stehen der (positiven) Glaubensfreiheit in einer multipola-
ren Konfliktsituation gegenüber. Verfassungsrechtliches Gebot ist es in solchen
Fällen, praktische Konkordanz herzustellen. Dies bedeutet, die individuellen
Rechtspositionen und objektiv-rechtlichen Gewährleistungen dürfen nicht vor-
schnell zu Lasten des jeweils anderen geopfert werden, sondern müssen ein-
ander so zugeordnet werden, dass jedes von ihnen möglichst Wirksamkeit be-
hält (vgl. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik
Deutschland, 20. Aufl. 1999, Rdnr. 72). Die einander widerstreitenden Grund-
rechtspositionen und Verfassungsgüter sind durch Abwägung in einen verhält-
nismäßigen Ausgleich zu bringen. Dabei ist die besondere Situation in der
Schule zu berücksichtigen. Dem Gesetzgeber steht insofern eine Einschät-
zungsprärogative und ein Gestaltungsermessen zu (vgl. BVerfGE 108, 282
[302]). Dies ist letztlich auch von den Verfassungsgerichten zu akzeptieren.
Insbesondere darf der Gesetzgeber im Rahmen der Verhältnismäßigkeit auch
bereits auf abstrakte Gefahren für die im Schulbereich zu schützenden Grund-
rechte und Verfassungsgüter durch gesetzliche Verbote reagieren. Er muss
insoweit also grundsätzlich nicht erst konkrete Gefahren für Schutzgüter und
individuelle Rechte abwarten, sondern darf bereits bloße Möglichkeiten einer
Gefährdung oder eines Konflikts als Anlass für sein Handeln nehmen (vgl.
BVerfGE 108, 282 [303]).
Das Bundesverfassungsgericht überlässt es dem für das Schulwesen jeweils
zuständigen Landesgesetzgeber, auf die oben beschriebenen abstrakten Ge-
fahren – in der Schule – zu reagieren oder nicht. Ihm stehe es frei, die bislang
fehlende gesetzliche Grundlage zu schaffen, etwa indem er im Rahmen der
verfassungsrechtlichen Vorgaben das zulässige Maß religiöser Bezüge in der
Schule neu bestimme. Werde er insoweit tätig, habe er dabei der Glaubensfrei-
heit der Lehrer wie auch der betroffenen Schüler, dem Erziehungsrecht der El-
tern sowie der Pflicht des Staates zu weltanschaulich-religiöser Neutralität in
angemessener Weise Rechnung zu tragen (BVerfGE 108, 282 [302 f., 309]).
Der Gesetzgeber des Landes Hessen hat sich im Rahmen seiner Einschät-
zungsprärogative und seines Gestaltungsermessens dafür entschieden, den
oben im Einzelnen beschriebenen Grundrechten Dritter und sonstigen Verfas-
sungsgütern Vorrang vor der (positiven) Glaubensfreiheit der jeweiligen Lehr-
kraft zu geben.
Die Entscheidung des Gesetzgebers, die nach außen sichtbare und durch ent-
sprechende Kleidung, Symbole oder Merkmale gelebte individuelle Glaubens-
freiheit einzelner Lehrkräfte durch das Verbot, bestimmte Erkennungsmerkmale
zu verwenden, hinter die negative Glaubensfreiheit der Schüler und die oben
genannten Verfassungsgüter teilweise zurücktreten zu lassen, ist verfassungs-
rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. auch BVerwGE 121, 141 [148 ff.]; Bay-
VerfGH, BayVBl. 2007, S. 235 [237 ff.]; OVG Bremen, NVwZ-RR 2006, S. 402
[405]).
§ 86 Abs. 3 Sätze 1 und 2 HSchG ist zweifellos geeignet, den vorbezeichneten
Gefahren zu begegnen.
Die Vorschrift erweist sich auch als erforderlich, denn im Vergleich mit einem
generellen Verbot sind eindeutig mildere, eindeutig gleich geeignete Mittel nicht
ersichtlich. Dass die Norm nicht nach verschiedenen Altersstufen der Schüle-
rinnen und Schüler oder verschiedenen Schulformen (Grundschule, Gymnasi-
um usw.) differenziert, steht ihrer Erforderlichkeit nicht entgegen. Der Gesetz-
geber ist berechtigt, in der Weise zu generalisieren, typisieren und pauschalie-
ren, dass an Regelfälle des Sachbereichs angeknüpft wird und dabei etwaige
Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben (BayVerfGH, BayVBl.
2007, S. 235 [238]). Davon abgesehen wäre eine entsprechende gesetzliche
Differenzierung praktisch kaum umsetzbar. Dies würde eine Reihe von Einzel-
fragen aufwerfen, die der Gesetzgeber im Voraus weder erkennen noch ab-
schließend regeln könnte. Schließlich war der Gesetzgeber verfassungsrecht-
lich auch nicht verpflichtet, eine Widerspruchslösung zu schaffen. Dies wäre
eine Regelung, die ein Verbot des Tragens bestimmter Merkmale durch Lehr-
kräfte erst dann ermöglichen würde, wenn betroffene Eltern oder Schüler wider-
sprechen würden. Die vorbezeichneten Grundrechte und Verfassungsgüter,
insbesondere das gesetzgeberische Ziel, die staatliche Neutralität zu schützen,
rechtfertigen es, das Tragen bestimmter Merkmale unabhängig davon zu unter-
sagen, ob einzelne Schüler oder Eltern eine Verletzung ihrer subjektiven Rech-
te geltend machen. Der Gesetzgeber darf insoweit auch grundrechtseinschrän-
kende Regelungen zur Wahrung der objektiven Werteordnung der Verfassung
treffen. Zu berücksichtigen ist, dass § 86 Abs. 3 Satz 2 HSchG den gesetzes-
vollziehenden Behörden möglicherweise einen Vollzugsspielraum belässt. So
erscheint beispielsweise die Auslegung vertretbar, dass das Tragen oder Ver-
wenden bestimmter Kleidungsstücke, Symbole oder anderer Merkmale nur in
Fällen des Außenkontakts mit Schülern, also insbesondere im Unterricht, nicht
aber zum Beispiel im Lehrerzimmer etwa während der Lehrerkonferenzen, un-
tersagt wird. All dies zu prüfen, ist zunächst Aufgabe der gesetzesanwenden-
den Behörden und der gegen den Gesetzesvollzug angerufenen Fachgerichte.
§ 86 Abs. 3 HSchG erweist sich auch als verhältnismäßig im engeren Sinne.
Denn der einzelnen Lehrkraft ist es nicht verwehrt, ihren Glauben oder ihre
weltanschauliche Überzeugung zu haben. Sie wird zum Schutze der Grund-
rechte Dritter und überragender Gemeinschaftsgüter aber gehindert, ihre Über-
zeugung in der Schule uneingeschränkt nach außen zu dokumentieren. Diese
Grundrechtsbeeinträchtigung ist gerade für den hochsensiblen Bereich der
Schule hinnehmbar und angemessen.
c) § 86 Abs. 3 Sätze 1 und 2 HSchG verstößt nicht gegen das durch Art. 134
HV gewährte Recht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern.
aa) In den Schutzbereich der Verfassungsnorm wird durch die angefochtene
Norm eingegriffen, denn das durch entsprechende Bekleidung, äußerlich sicht-
bare Symbole und sonstige Merkmale offenbarte Bekenntnis zu einer Religion
oder Weltanschauung könnte einen objektiven Eignungsmangel im Sinne des
Art. 134 HV darstellen.
bb) Für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung gilt das bereits zu Art. 9, Art.
48 HV Ausgeführte. Wenn es verfassungsgemäß ist, dass Lehrer aufgrund ge-
setzlicher Vorschriften bestimmte Bekleidungsstücke, Symbole usw. nicht tra-
gen oder verwenden dürfen, kann in der Weigerung, diesem Gebot Folge zu
leisten, in verfassungsrechtlich zulässiger Weise ein objektiver Eignungsmangel
gesehen werden.
Im Übrigen überlässt das Gesetz die Entscheidung, ob ein Eignungsmangel
vorliegt und welche Konsequenzen er hätte, den zuständigen Behörden und
Fachgerichten, die jeweils die besonderen Umstände des Einzelfalles zu be-
rücksichtigen haben. § 86 Abs. 3 HSchG regelt gerade nicht die Konsequenzen
eines Verstoßes gegen Satz 2 und auch nicht die Konsequenzen eines befürch-
teten Verstoßes von Bewerbern für den öffentlichen Dienst.
d) § 86 Abs. 3 Sätze 1 und 2 HSchG verstößt nicht gegen das Verbot der Dis-
kriminierung von Frauen (Art. 1 HV).
Eine unmittelbare Diskriminierung scheidet aus, weil die angefochtene Norm
nicht zwischen den unterschiedlichen Geschlechtern unterscheidet.
Ob Art. 1 HV auch ein Verbot mittelbarer Diskriminierung enthält, bedarf hier
keiner Entscheidung durch den Staatsgerichtshof. Denn die angefochtenen Vor-
schriften führen nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung von Frauen.
Es gibt religiöse oder weltanschauliche Kleidungsstücke, Symbole usw., die
jedenfalls auch – oder nur – von Männern getragen werden (z.B. die Tracht der
Taliban, rote Bhagwan-Kleidung, religiöser Schmuck, Barttracht orthodoxer Ju-
den usw.; vgl. Hufen, a.a.O., S. 577). Die angefochtene Norm ist nicht auf den
Anwendungsbereich spezifisch weiblicher Kleidungsstücke, Symbole oder
sonstiger Merkmale beschränkt (vgl. Hufen, a.a.O., S. 577).
Davon abgesehen kann es dem Gesetzgeber nicht verwehrt sein, Bestimmun-
gen zu treffen, die darauf abzielen, Gefahren abzuwehren, die durch ein spezi-
fisch weibliches (umgekehrt auch männliches) Verhalten begründet werden.
Dies ist beim Tragen spezifisch weiblicher Kleidungsstücke (z.B. dem Kopftuch)
ebenso der Fall wie beim Verwenden von politischen Erkennnungsmerkmalen
mit spezifisch weiblichen Aussagen (z.B. eine Plakette mit der Aufschrift „Mein
Bauch gehört mir“).
e) § 86 Abs. 3 Sätze 1 und 2 HSchG verletzt nicht die Meinungsfreiheit des Art.
11 Abs. 1 HV.
aa) Die angefochtene gesetzliche Regelung greift in den Schutzbereich des
Art. 11 Abs. 1 HV ein, der nicht nur politische, sondern auch religiöse oder welt-
anschauliche Meinungen und deren Kundgabe schützt.
bb) Eingeschränkt wird Art. 11 HV durch Art. 17 HV (Gefährdung des verfas-
sungsmäßigen Zustands, das heißt die freiheitliche demokratische Grundord-
nung; vgl. Hinkel, Verfassung des Landes Hessen, 1999, Erl. 3 zu Art. 17) und
Art. 18 HV (Jugendschutz). Im Unterschied zur Glaubensfreiheit wird die Mei-
nungsfreiheit auch schon durch den Verfassungstext selbst nicht vorbehaltlos
gewährleistet.
Für die Verhältnismäßigkeitsprüfung gilt das zur Glaubensfreiheit Ausgeführte
entsprechend (oben B II. 2. b) bb) u. cc)).
f) Eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs 1 HV und
des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3
HV scheidet schon deshalb aus, weil diese Grundrechte gegenüber dem Schutz
der Glaubensfreiheit und der Meinungsfreiheit subsidiär sind (vgl. Jarass, in:
Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 4 Rdnr. 6a).
Im Übrigen und bezüglich politischer Erkennungsmerkmale ist zu bedenken,
dass die allgemeine Handlungsfreiheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht
den Schranken der Rechte anderer und der verfassungsmäßigen Ordnung un-
terliegen. Im Ergebnis gilt zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des Ein-
griffs das oben (B II. 2. b)) zur Glaubensfreiheit Ausgeführte entsprechend.
3. § 86 Abs. 3 Satz 3 HSchG verstößt nicht gegen das Bestimmtheitsgebot, den
Gleichheitssatz des Art. 1 HV und den verfassungsrechtlichen Grundsatz der
religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates (vgl. oben B II. 2. b)).
Die Vorschrift kann dahingehend verfassungskonform ausgelegt werden, dass
sie hinreichend bestimmt ist und den christlichen Glauben wie die Christen nicht
privilegiert (vgl. BVerwGE 121, 240 [151]). Dies zeigt sich schon darin, dass
auch christliche Kleidungsstücke, Symbole usw. grundsätzlich in den Anwen-
dungsbereich des § 86 Abs. 3 Satz 2 HSchG fallen und verboten sein können
(Stichworte: christlicher Fundamentalismus, große auffällige Kreuze, die als
Schmuck getragen werden usw.). Ob und inwieweit unauffällige Merkmale, wie
zum Beispiel als Schmuckstück getragene Kreuze, Halbmonde und Ähnliches,
zugelassen sind, bleibt der Entscheidung der Behörden und Fachgerichte vor-
behalten.
Der hier verwendete Begriff des „Christlichen“ ist im Sinne des Beschlusses des
Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 1975 (BVerfGE 41, 29 [52]; vgl.
auch BVerfGE 41, 65 [84 f.]) auszulegen: Er bezeichnet – ungeachtet seiner
Herkunft aus dem religiösen Bereich – eine von Glaubensinhalten losgelöste,
aus der Tradition der christlich-abendländischen Kultur hervorgegangene Wer-
tewelt, die erkennbar auch dem Grundgesetz zu Grunde liegt und unabhängig
von ihrer religiösen Fundierung Geltung beansprucht (vgl. BVerwGE 121, 140
[151]).
Die christlich und humanistisch geprägte abendländische Tradition des Landes
Hessen spiegelt sich in der gesamten Werteordnung der Hessischen Verfas-
sung wider: Garantie der Menschenwürde und der Grundrechte, speziell der
Glaubensfreiheit einschließlich der negativen Glaubensfreiheit; Toleranz ge-
genüber Andersdenkenden und gegenüber anderen Religionen und Weltan-
schauungen; Gleichberechtigung von Männern und Frauen; Selbstbestim-
mungsrecht der Frauen; soziale und wirtschaftliche Rechte und Pflichten; De-
mokratie; Parlamentarismus; republikanisches Prinzip; Rechtsstaatlichkeit; völ-
kerrechtliche Bindungen usw. Für den Bereich von Schule und Erziehung
kommt dies besonders anschaulich in Art. 56 HV zum Ausdruck, insbesondere
in dessen Absatz 4, in dem die Ziele der Erziehung junger Menschen genannt
werden: „Duldsamkeit, sittliche Persönlichkeit, berufliche Tüchtigkeit, verant-
wortlicher Dienst am Volk und der Menschheit durch Ehrfurcht und Nächsten-
liebe, Achtung und Duldsamkeit, Rechtlichkeit und Wahrhaftigkeit“. Weiter um-
fasst der Begriff „christlich und humanistisch geprägte abendländische Traditi-
on“ humane Werte wie Hilfsbereitschaft, Sorge für und allgemeine Rücksicht-
nahme auf den Nächsten sowie Solidarität mit den Schwächeren (BVerwGE
121, 140 [151]).
Wenn § 86 Abs. 3 Satz 3 HSchG von der „christlich und humanistisch gepräg-
ten abendländischen Tradition des Landes Hessen“ spricht und verlangt, dieser
angemessen Rechnung zu tragen, wird damit also auf die Werteordnung des
Grundgesetzes und der Hessischen Verfassung verwiesen. So verstanden stellt
sich diese Regelung als eine verfassungsrechtliche Selbstverständlichkeit dar
(vgl. BVerfGE 41, 69 [84]: „die gesamte abendländische Kultur ist weitgehend
vom Christentum geprägt worden“). Eine Auslegung hingegen, die aus § 86
Abs. 3 Satz 3 HSchG eine gezielte Privilegierung des christlichen Glaubens
gegenüber anderen Glaubens- und Weltanschauungsrichtungen ableiten wollte,
wäre mit der aus der Hessischen Verfassung folgenden staatlichen Neutrali-
tätspflicht nicht zu vereinbaren.
Dies bedeutet: Kleidung, Symbole und ähnliche Merkmale, die lediglich die ge-
nannten Werte und Wertvorstellungen zum Ausdruck bringen oder die mit ihnen
jedenfalls im Einklang stehen, sind objektiv nicht geeignet, das Vertrauen in die
Neutralität der Amtsführung der Lehrkräfte zu beeinträchtigen oder den politi-
schen, religiösen oder weltanschaulichen Frieden in der Schule zu gefährden.
Andere Symbole usw. fallen hingegen unter § 86 Abs. 3 Satz 2 HSchG.
Die Hessische Verfassung verbietet keine Unterscheidung zwischen religiösen
Kleidungsstücken, Symbolen und anderen Merkmalen, die objektiv geeignet
sind, das Vertrauen in die Neutralität der Amtsführung zu beeinträchtigen oder
den Schulfrieden zu stören, und religiösen Kleidungsstücken, Symbolen und
anderen Kennzeichen, bei denen dies nicht der Fall ist. Unzulässig ist lediglich
eine generelle Diskriminierung bestimmter Religionen oder Weltanschauungen.
Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn der Gesetzgeber die Verwendung von
Merkmalen gerade deshalb verbieten würde, weil sie Ausdruck eines bestimm-
ten religiösen oder weltanschaulichen Glaubens sind. Dies ist hier indes nicht
der Fall.
4. Für Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst kann die Behörde nach § 86 Abs. 3
Satz 4 HSchG Ausnahmen vom Verbot des Satzes 2 zulassen, bestimmte welt-
anschauliche oder religiöse Merkmale zu verwenden, wenn zwingende öffentli-
che Interessen nicht entgegenstehen. Für Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst
enthält § 86 Abs. 3 Satz 4 HSchG damit eine Privilegierung. Dies geschieht im
Hinblick auf das für Lehrkräfte bestehende Ausbildungsmonopol des Staates
und den aus Art. 2 Abs. 1 HV in Verbindung mit Art. 12 GG resultierenden ver-
fassungsrechtlichen Auftrag, die Freiheit der Berufswahl zu ermöglichen. Die
Berufsfreiheit wird in der Hessischen Verfassung zwar nicht ausdrücklich er-
wähnt, folgt aber – in Ansehung des Art. 12 GG – aus der allgemeinen Hand-
lungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 HV (vgl. Hinkel, a.a.O., Erl. 1 zu Art. 2).
Die damit einhergehende Ungleichbehandlung gegenüber Lehrkräften, die nicht
(mehr) im Vorbereitungsdienst stehen, ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
Der Staat hat im Bereich der Lehrerausbildung ein Monopol. Die staatliche Re-
ferendarausbildung ist faktische Voraussetzung für eine spätere Tätigkeit als
Lehrer sowohl an staatlichen als auch an privaten Schulen (zur Frage des durch
Art. 12 GG gewährleisteten Zugangs zur staatlichen Monopolausbildung vgl.
grundlegend BVerfGE 39, 334 [371 ff.]). Wird die Einstellung in den Referen-
dardienst mit der Begründung abgelehnt, es sei zu erwarten, dass der Bewer-
ber oder die Bewerberin im Referendardienst auf die Verwendung eines be-
stimmten religiösen Merkmals nicht verzichten werde, macht dies eine berufli-
che Tätigkeit als Lehrkraft nahezu unmöglich. Anders verhält es sich bei den
bereits fest eingestellten Lehrkräften. Wird eine Lehrkraft deshalb aus dem öf-
fentlichen Dienst entlassen, weil sie sich beharrlich weigert, auf die Verwen-
dung eines bestimmten Merkmals im Dienst zu verzichten, hat sie die Möglich-
keit, den Lehrerberuf an einer nichtstaatlichen Schule auszuüben. Dieser Un-
terschied in der tatsächlichen und rechtlichen Betroffenheit von Lehramtsbe-
werbern und sonstigen Lehrkräften ist ein sachlicher Grund für die somit verfas-
sungsrechtlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung.
5. § 68 Abs. 2 HBG ist ebenfalls mit der Hessischen Verfassung vereinbar.
a) § 68 Abs. 2 HBG entspricht § 86 Abs. 3 HSchG, gilt jedoch für alle Beamten,
ist also nicht auf den Bereich der Schule beschränkt. Dies bedeutet, dass die
sich aus der Eigenart der Schule ergebenden Besonderheiten, die sich aus dem
elterlichen Erziehungsrecht, dem staatlichen Erziehungs- und Bildungsauftrag
und dem Erfordernis eines geordneten Schulbetriebes herleiten, hier nicht gel-
ten. Im Übrigen kann aber – unter Berücksichtigung der nachfolgenden Beson-
derheiten – auf die Ausführungen zu § 86 Abs. 3 HSchG verwiesen werden
(s. oben B II. 2.).
b) § 68 Abs. 2 Sätze 1 und 2 HBG greift in die Glaubensfreiheit des Art. 9 HV in
Verbindung mit Art. 48 HV ein.
c) Dieser Eingriff ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
aa) Abzuwägen ist die Glaubensfreiheit der von der Norm nachteilig betroffenen
Beamtinnen und Beamten mit der negativen Glaubensfreiheit derjenigen Per-
sonen, die Kontakt mit der dienstlichen Tätigkeit der Beamten haben – dies be-
trifft nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die Beamtenkollegin-
nen und -kollegen -, ferner mit der Neutralitätspflicht der Beamtinnen und Be-
amten (vgl. dazu oben B II. 2. b) bb) (1) und (2)). Darüber hinaus sind die her-
gebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums als kollidierendes Verfas-
sungsgut zu berücksichtigen (vgl. Hufen, a.a.O., S. 576).
Art. 33 Abs. 5 GG bestimmt, dass das Recht des öffentlichen Dienstes unter
Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu
regeln und fortzuentwickeln ist. Daraus folgen unter anderem bestimmte Pflich-
ten für die Beamten, die weitgehend im Hessischen Beamtengesetz ihren Nie-
derschlag gefunden haben, zum Teil aber auch darüber hinausgehen. Zu den
hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört insbesondere die
Pflicht zur unparteiischen Amtsführung, zur politischen Mäßigung und zur Neut-
ralität (Mayer, in: Festschrift für A. Gehlen, 1974, S. 227 [230 ff.]; Stern, Staats-
recht I, 2. Aufl. 1984, S. 354 f.). Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbe-
amtentums haben im Hessischen Beamtengesetz beispielhaft wie folgt ihren
Ausdruck gefunden: in der Pflicht, dem ganzen Volk zu dienen (§ 67 Abs. 1
Satz 1 HBG), zur unparteiischen Amtsführung (§ 67 Abs. 1 Satz 2 HBG), zur
parteipolitischen Neutralität (§ 68 Abs. 1 HBG) und zum Gehorsam (§ 70 Satz 2
HBG). Die politische Treuepflicht gebietet, dass sich der Beamte jederzeit zur
freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennt. Auch hat er sich politisch
zu mäßigen. Das politische Mäßigungsgebot kann auch die Kleidung betreffen
(vgl. zu alledem Pieroth, in: Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 33 Rdnr. 51 f. m.w.N.;
Stern, Staatsrecht I, 2. Aufl. 1984, S. 354 f.).
Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums werden allerdings von
der Hessischen Verfassung nicht ausdrücklich erwähnt. Auch ist Art. 33 Abs. 5
GG als Bundesrecht kein unmittelbarer Prüfungsmaßstab für den Hessischen
Staatsgerichtshof. Indes verpflichtet Art. 33 Abs. 5 GG den Gesetzgeber, somit
auch den hessischen, zur Schaffung beamtenrechtlicher Vorschriften, die den
hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums Rechnung tragen. Er be-
rechtigt ihn auch zum Erlass beamtenrechtlicher Regelungen, die in Grundrech-
te der Beamten eingreifen, wenn diese Regelungen Ausformungen und Konkre-
tisierungen der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums sind (Pie-
roth, in: Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 33 Rdnr. 43).
Soweit Art. 135 HV und Art. 29 Abs. 1 HV darüber hinaus eine arbeits- und
dienstrechtliche Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten einerseits sowie
Beamten andererseits fordern sollten, sind diese Bestimmungen mit Art. 33
Abs. 5 GG unvereinbar und nichtig (vgl. BGHZ 9, 322 [328]; StGH, StAnz. 1972,
S. 1817 [1822 f.]); zustimmend Hinkel, a.a.O., Erl. zu Art. 29; vgl. demgegen-
über Barwinski, in: Zinn/Stein, a.a.O., Art. 29 Erl. 1 und Engelhardt, ebenda, Art.
135 Erl. 2, 4b)). Dem hessischen Landesgesetzgeber ist es deshalb nicht ver-
wehrt, das Berufsbeamtentum unter Berücksichtigung des Art. 33 Abs. 5 GG
fortzuentwickeln. Dem trägt das hessische Beamtenrecht in vielfacher Weise
Rechnung, etwa in §§ 28, 29, 39 ff., 46 ff., 67 Abs. 1, 70 Satz 2 HBG (vgl. auch
oben). Gleiches gilt für das Neutralitätsgebot der angefochtenen Vorschrift des
§ 68 Abs. 2 Sätze 1 und 2 HBG. Denn ein einseitiges politisches, weltanschau-
liches oder religiöses Verhalten der Beamten ist zur nachhaltigen Störung des
Dienstbetriebes geeignet.
§ 68 Abs. 2 Satz 1 HBG ist zugleich Ausdruck der Neutralitätspflicht, die dem
Staat gegenüber seinen Bürgern obliegt, die mit ihm in Kontakt treten; die Aus-
führungen zu § 86 Abs. 3 HSchG gelten insoweit auch hier (s. oben B II. 2.). Zur
politischen, weltanschaulichen und religiösen Neutralität ist der Staat aber auch
gegenüber seinen eigenen Beamten und sonstigen Arbeitnehmern verpflichtet.
Auch sie können vom Staat verlangen, nicht politisch, weltanschaulich oder re-
ligiös indoktriniert zu werden. Der Staat darf ein solches Verhalten jedenfalls
nicht dulden.
§ 68 Abs. 2 Satz 2 HBG konkretisiert das allgemeine Neutralitätsgebot des § 68
Abs. 2 Satz 1 HBG. Das Tragen oder Verwenden von Kleidungsstücken, Sym-
bolen oder anderen Merkmalen, die objektiv geeignet sind, das Vertrauen der
Bürger in die Neutralität der Amtsführung zu beeinträchtigen oder den politi-
schen, religiösen oder weltanschaulichen Frieden zu gefährden, stört den
Dienstbetrieb und kollidiert mit den Grundrechten derjenigen Personen, die mit
diesen Kleidungsstücken, Symbolen oder Merkmalen konfrontiert werden.
bb) § 68 Abs. 2 Sätze 1 und 2 HBG ist verhältnismäßig. Ein übermäßiger Ein-
griff in Grundrechte der Beamten, die sich im Dienst politisch, weltanschaulich
oder religiös betätigen wollen, ist mit diesen Vorschriften nicht verbunden.
Der Staat wird durch seine Beamten repräsentiert. Der Gesetzgeber darf im
Rahmen seiner Einschätzungsprärogative und seines Gestaltungsspielraums
den Beamten Vorschriften über ihr äußeres Erscheinungsbild vorgeben. Zu die-
sem Zweck darf er ihnen auch das Tragen politischer, religiöser oder weltan-
schaulicher Merkmale verbieten, um die vorgenannten Verfassungsgüter zu
schützen wie auch den innerbetrieblichen Frieden und das Funktionieren der
staatlichen Verwaltung insgesamt zu gewährleisten. Nicht zuletzt im Rahmen
der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums haben die Beamten die
damit verbundene Einschränkung ihrer Grundrechte auf Meinungsfreiheit und
Glaubensfreiheit hinzunehmen (vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 23.01.1998
– 3 B 95.3457 -, juris). Eine Regelung über das Verbot des Verwendens be-
stimmter religiöser oder weltanschaulicher Merkmale im Dienst kann dem Ge-
setzgeber somit nicht verwehrt werden. Der Gesetzgeber ist dabei nicht ver-
pflichtet, andererseits wäre er auch nicht gehindert, nach den verschiedenen
Beamtengruppen oder den einzelnen Tätigkeiten der Beamten zu differenzie-
ren. Unabhängig davon lässt § 68 Abs. 2 Satz 2 HBG möglicherweise eine Dif-
ferenzierung im Vollzug der Norm zu. So könnte die Auslegung möglich sein,
dass die Beurteilung der „objektiven Eignung“ maßgeblich von der jeweiligen
dienstlichen Stellung, Funktion und Tätigkeit des Beamten abhängt (eine solche
Differenzierung deutet auch die Gesetzesbegründung an, LT-Drs. 16/1897 neu,
S. 4). Bei der Beantwortung dieser Frage geht es jedoch um die Anwendung
der Vorschriften im konkreten Einzelfall, über den der Staatsgerichtshof im
Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle nicht entscheidet (ebenso Bay-
VerfGH, BayVBl. 2007, S. 235 [236]). Diese obliegt zuvörderst den zuständigen
Behörden und Fachgerichten. Sie haben im Rahmen der von ihnen durchzufüh-
renden Verhältnismäßigkeitsprüfung die Grundrechte der Beamten ebenso in
ihre Betrachtungen einzubeziehen wie die vorgenannten kollidierenden Grund-
rechte und Verfassungsgüter.
d) § 68 Abs. 2 HBG verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des
Art. 1 HV.
aa) Ein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung der Geschlechter
scheidet aus den dargelegten Gründen aus (s. oben B II. 2. d)).
bb) Der Gesetzgeber war von Verfassungs wegen auch nicht verpflichtet, für
Angestellte im öffentlichen Dienst eine vergleichbare Regelung zu schaffen. Es
liegen sachliche Gründe vor, die eine ungleiche Behandlung von Beamten und
sonstigen öffentlichen Bediensteten rechtfertigen.
Möglicherweise hätte der Gesetzgeber für den gesamten öffentlichen Dienst,
das heißt sowohl für die Beamten als auch für die Angestellten und Arbeiter,
eine mit § 68 Abs. 2 HBG vergleichbare Regelung treffen können (ablehnend
Adam, Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im „Kopftuch-Streit“ und sei-
ne Bedeutung für das Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, ZTR 2004, S. 450
[453 f.], der den Standpunkt vertritt, eine solche Regelung, die auch die Ange-
stellten des öffentlichen Dienstes erfassen würde, verstieße gegen die Tarifau-
tonomie des Art. 9 Abs. 3 GG). Würde der Gesetzgeber eine auch Angestellte
und Arbeiter umfassende Neutralitätsregelung schaffen, hätte er Art. 9 Abs. 3
GG zu beachten, der als Ausprägung der Koalitionsfreiheit auch die Tarifauto-
nomie grundrechtlich garantiert (vgl. Höfling, in: Sachs, GG, 4. Auflage 2007,
Art. 9 Rdnr. 83; zu den Voraussetzungen und Grenzen gesetzlicher Regelun-
gen im Anwendungsbereich der Tarifautonomie des Art. 9 Abs. 3 GG vgl.
BVerfGE 94, 268 [282 ff.]; 100, 271 [282 ff.]; 103, 293 [304 ff.]). Danach obliegt
es auf kollektiv-rechtlicher Ebene primär den Tarifvertragsparteien, die Rechte
und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern festzulegen. Der Bundesan-
gestelltentarifvertrag – BAT -, der in Hessen mangels anderweitiger Regelung
noch zur Anwendung kommt und für alle tarifgebundenen Arbeitnehmer gilt,
sieht zum Beispiel in § 8 allgemeine Pflichten vor. Aus § 8 Abs. 1 BAT folgt die
Pflicht des Arbeitnehmers, sich so zu verhalten, dass er nach der herkömmli-
chen Auffassung über Anstand, gute Sitte und Rechtschaffenheit zu Beanstan-
dungen keinen Anlass gibt und somit das Ansehen seines Arbeitgebers sowie
das Vertrauen der Staatsbürger und Staatsbürgerinnen zu diesem Arbeitgeber
und dessen Bediensteten keinen Schaden erleidet (vgl. BAG, AP Nr. 1 zu § 54
BAT; LAG Berlin, ZTR 1990, 29; Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann/Dassau, BAT,
Losebl., 192. Lfg. 2007, § 8 BAT Anm. 2.3.1). Für Angestellte des öffentlichen
Dienstes besteht grundsätzlich ebenso wie für Beamte das Gebot, bei politi-
scher Betätigung Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, denn sämtliche An-
gehörigen des öffentlichen Dienstes dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei
oder sonstigen politischen Gruppierung (vgl. Uttlinger u.a., a.a.O., § 8 BAT
Anm. 2.3.3). Dies verdeutlicht, dass auch Grundpflichten, die für Beamte auf-
grund gesetzlicher Anordnung gelten, für Arbeitnehmer des öffentlichen Diens-
tes tarifvertraglich geregelt werden können und zum Teil auch geregelt sind.
Dass der Gesetzgeber von einer etwa bestehenden Möglichkeit keinen
Gebrauch gemacht hat, für sämtliche Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes
eine § 68 Abs. 2 HBG entsprechende Regelung zu schaffen, ist bereits auf-
grund der von ihm zu beachtenden Tarifautonomie sachlich gerechtfertigt.
Im Übrigen zwingt der Verzicht auf eine gesetzliche Regelung der politischen,
religiösen und weltanschaulichen Neutralitätspflichten der Angestellten und Ar-
beiter des öffentlichen Dienstes nicht zu der Annahme, dass für den Erlass von
§ 68 Abs. 2 HBG kein hinreichend gewichtiger rechtfertigender Grund besteht.
Denn das Recht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst ist Privat-
recht. Es gelten vor allem die allgemeinen Regeln des Arbeitsrechts. Beamte
und ihre Koalitionen haben dagegen kein Recht zur tariflichen Gestaltung der
Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Maßgebend ist insofern das Gesetz
(Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Losebl., 48. Lfg. 2006, Art. 9 Rdnr. 362). Den
Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes stehen dagegen die be-
sonderen Rechte der Beamten nicht zu; die allgemeinen und besonderen
Grundsätze des Berufsbeamtentums gelangen nicht zur Anwendung. Ihre Ar-
beitsbedingungen werden deshalb – wie bereits ausgeführt – in erster Linie tarif-
vertraglich ausgehandelt und bestimmt (vgl. auch BVerfGE 88, 103 [114]).
Grundlage einer die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes treffen-
den politischen, weltanschaulichen und religiösen Neutralitätspflicht ist – man-
gels einer spezialgesetzlichen Regelung – das Tarifvertrags- und Arbeitsrecht in
Verbindung mit den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches. Ob der Arbei-
ter oder Angestellte im öffentlichen Dienst ein bestimmtes Kleidungsstück,
Symbol oder sonstiges Merkmal im Einzelfall tragen darf, entscheidet sich nach
Maßgabe dieses Privatrechts des öffentlichen Dienstes. Bestimmte Verhaltens-
pflichten, die das äußere Erscheinungsbild betreffen (z.B. das Verbot des Tra-
gens von Schmuck oder einer bestimmten Haar- oder Barttracht), können sich
bereits aus den allgemeinen Pflichten des § 8 Abs. 1 BAT ergeben (vgl. Uttlin-
ger u.a., a.a.O. § 8 BAT Anm. 2.3.8). Darüber hinaus kann der öffentliche Ar-
beitgeber im Rahmen seiner arbeitsrechtlichen Direktionsbefugnis, die jedem
Arbeitsverhältnis immanent ist (vgl. § 8 Abs. 2 BAT, wonach der Angestellte
verpflichtet ist, den dienstlichen Anordnungen nachzukommen), im Einzelfall
entscheiden, ob ein Bediensteter ein bestimmtes Erkennungsmerkmal tragen
oder verwenden darf (vgl. Uttlinger u.a., a.a.O., § 8 BAT Anm. 4.2). Der öffentli-
che Arbeitgeber entscheidet auch über die Folgen einer Missachtung einer sol-
chen Anweisung (vgl. – für den privaten Arbeitgeber – BAG, NJW 2003, 1685).
Anders als bei Beamten ist also die öffentliche Hand als Arbeitgeber nicht dar-
auf angewiesen, Verhaltenspflichten der Arbeitnehmer durch Gesetz festlegen
zu müssen. Sie können auch tarifvertraglich vereinbart werden bzw. sind wegen
Art. 9 Abs. 3 GG sogar primär tarifvertraglich zu vereinbaren. Das Erfordernis
einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gilt insoweit nicht. Zwar ist der Ge-
setzgeber verpflichtet, in grundlegenden normativen Bereichen, zumal im Be-
reich der Grundrechtsausübung, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu
treffen (BVerfGE 49, 89 [126 f.]; 53, 30 [56]; 88, 103 [116]). Das staatliche Ver-
bot, bestimmte Kleidungsstücke, Symbole oder Kennzeichen zu tragen oder zu
verwenden, betrifft auch einen solchen grundrechtswesentlichen Bereich
(BVerfGE 108, 282 [311 f.]). Das Erfordernis einer gesetzlichen Regelung gilt
jedoch nicht, wenn der Staat im Bereich des Arbeitsrechts als Privatrechtssub-
jekt agiert. Hier bedarf nur der Einsatz solcher Mittel einer gesetzlichen Ermäch-
tigungsgrundlage, die ausschließlich dem Staat als Träger von Hoheitsgewalt
zur Verfügung stehen (BVerfGE 88, 103 [116]). Dies ist im Falle der Anordnung
des Verbots, ein bestimmtes Kleidungsstück, Kennzeichen oder Symbol zu tra-
gen oder zu verwenden, indes nicht der Fall.
Im Ergebnis gilt nichts anderes nach derjenigen Auffassung, die als Grundlage
für ein die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes treffendes Verbot
des Tragens oder Verwendens bestimmter Kleidungsstücke, Merkmale oder
Symbole eine entsprechende besondere tarifvertragliche Regelung verlangt,
weil das einschlägige Privatrecht keine ausreichende Grundlage biete (so etwa
Adam, a.a.O., S. 453, unter Verneinung der Befugnis des Gesetzgebers zu ei-
ner entsprechenden Regelung). In diesem Fall bedarf eine entsprechende Er-
gänzung des Tarifvertrages einer einvernehmlichen Regelung der Tarifver-
tragsparteien. Das Land Hessen kann versuchen, eine solche Ergänzung des
Tarifrechts durchzusetzen.
In Anbetracht der umstrittenen Frage, ob eine gesetzliche Regelung für sämtli-
che Angestellten und Arbeiter des hessischen Landesdienstes verfassungs-
rechtlich zulässig ist, ob das gegenwärtige Privatrecht eine ausreichende
Rechtsgrundlage für ein Verbot des Tragens oder Verwendens bestimmter
Kleidungsstücke, Kennzeichen oder Symbole bietet und der Schwierigkeiten,
unter denen eine Ergänzung des einschlägigen Tarifrechts möglich ist, war der
hessische Gesetzgeber jedenfalls nicht verpflichtet, auf eine nur für die Beam-
ten geltende Sonderregelung zu verzichten.
cc) Schließlich bedeutet es auch keinen Verstoß gegen das Gleichbehand-
lungsgebot des Art. 1 HV, dass es der Gesetzgeber unterlassen hat, für alle
Bediensteten im staatlichen Vorbereitungsdienst eine Privilegierung – entspre-
chend § 86 Abs. 3 Satz 4 HSchG – zu schaffen (dazu vgl. oben B II. 4.).
Ein (faktisches) staatliches Ausbildungsmonopol besteht nur im Bereich der
Studien- und Rechtsreferendarausbildung. Nur hier ist die Teilnahme an der
staatlichen Ausbildung faktisch eine unabdingbare Voraussetzung für eine spä-
tere statusangemessene berufliche Tätigkeit in der Privatwirtschaft als Lehrkraft
oder Jurist.
Für Rechtsreferendare enthält zwar weder das Hessische Beamtengesetz noch
das Gesetz über die juristische Ausbildung, kurz: Juristenausbildungsgesetz
– JAG -, eine mit § 86 Abs. 3 Satz 4 HSchG vergleichbare Regelung, die eine
differenzierte Anwendung von § 68 Abs. 2 HBG ermöglicht. Diese Möglichkeit
folgt indes daraus, dass nach § 27 Abs. 1 Satz 2 JAG die Vorschrift des § 68
Abs. 2 HBG nur entsprechend anwendbar ist. Die entsprechende Anwendung
gesetzlicher Vorschriften lässt Raum für eine differenzierte Handhabung. Den
Besonderheiten desjenigen Rechtsgebietes, auf das die gesetzliche Vorschrift
nur entsprechende Anwendung findet, kann Rechnung getragen werden (La-
renz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 261). Dies be-
deutet, dass bei der entsprechenden Anwendung von § 68 Abs. 2 HBG auf die
Rechtsreferendare nach der jeweiligen dienstlichen Tätigkeit differenziert wer-
den kann (so auch die Dienstanweisung des Hessischen Ministeriums der Jus-
tiz vom 28.06.2007), soweit dies aufgrund der Sondersituation der Rechtsrefe-
rendare verfassungsrechtlich zwingend geboten ist. Einer entsprechenden spe-
zialgesetzlichen Regelung bedarf es daher nicht.
e) Der durch § 68 Abs. 2 HBG verursachte Eingriff in das Grundrecht auf Mei-
nungsfreiheit des Art. 11 HV ist aus den dargelegten Gründen ebenfalls ge-
rechtfertigt.
Die Entscheidung kann hier im Volltext auf den Seiten des Staatsgerichtshofes abgerufen werden.